Wir sind gestern weiter Richtung Norden. Leider waren Wind und Strömung gegen uns und so mußten wir ordentlich motoren um überhaupt von der Stelle zu kommen und nicht rückwärts zu treiben. Da weint das Seglerherz. Wir versuchten zuerst, dagegen anzukreuzen, aber weil wir irgendwann auch mal ankommen wollten, gaben wir auf und motorten wie alle anderen auch. Die Casulo war gleich schlauer und ist auf direktem Weg motort, während wir eine Wende nach der anderen machten. Am späten Nachmittag sind wir kurz vor dem Cape Cod Canal in eine nette Bucht gesegelt. Leider ist die gesamte Bucht voller Moorings, mit zwei Katamaranen hatten wir keine Chance auf einen Ankerplatz. So ankerten wir angesichts der ruhigen Wetterlage draußen vor wunderschöner Kulisse. So viele Traumhäuser stehen hier inmitten gepflegter Gärten. Überall weht der Sternenbanner. Heute stand ein Besuch von Alex auf dem Programm. Im Gepäck hat er wieder viele Sachen für uns. Einige Ersatzteile von Lagoon und viele, viele neue Bücher und DVD’s von Amazon Deutschland. Hurra, fast wie Weihnachten. Unsere Freunde von der Casulo hatten auch Besuch aus Boston. Irgendeine Schwester der Tante der Aushilfslehrerin, die sie vor 20 Jahren in ich-weiß-nicht-wo trafen, die sie aber selbst überhaupt nicht kennen und noch nie gesehen haben, kommt mit 6 Leuten an Bord! Typisch Brasilianer, überall kennen sie jemanden, der jemand kennt, der mit irgendjemand zusammen in der Grundschule war…. Die halten halt zusammen!
13.08.2010 Newport – Rhode Island
Die Zeit in Noank und Mystic Seaport wird uns unvergesslich bleiben. Wir wurden mit herzlicher Gastfreundschaft überflutet, uns ist jetzt noch ganz warm ums Herz. So viele nette Menschen, die uns einen Einblick in ihr Leben gegeben haben und uns in ihrem Ort und Yachtclub herzlich willkommen geheißen haben. Wir haben so Vieles durch sie und mit ihnen erlebt. Danke dafür, daß wir uns zwei Tage an euren Steg legen durften, danke für die vielen Taxifahrten. Und danke für die vielen tollen Ideen.
Nach einer Nacht an einem rolligen Ankerplatz (trotzdem wir genau hinter einem Wellenbrecher lagen) segelten wir weiter nach Newport. Dank Scott von der Safaritu, mit der wir in den Bahamas gesegelt sind haben wir hier viele Tipps für Anker- und Dinghyplatz bekommen. Und weil heute Freitag, der 13. ist haben wir wieder mal eine Fischerboje in unseren Propeller bekommen. Blöde Sache! Da wir in diesem Fall den betroffenen Motor nicht mehr benutzen können, mußten wir uns eine Strategie furs Ankern überlegen. Wir hatten Groß und Fock draußen. Die Fock einzurollen ist kein Problem, das Großsegel wieder runterzubekommen schon eher. Dazu müssen wir das Schiff in den Wind drehen und das ist ohne Hilfe von beiden Motoren nahezu unmöglich. So segelten wir in den Hafen von Newport und suchten uns dort eine wenig frequentierte Stelle am Rand. Dort warfen wir den Anker, wurden vom Wind automatisch “in den Wind” gedreht und konnten so das Großsegel bergen. Danach hatte Klaus die unschöne Aufgabe tauchen zu gehen und so den Propeller von der Fischerboje zu befreien. Die Casulo ankerte derweil schon. Wir trafen am Ankerplatz liebe Bekannte. Arnaud und Carol von der Charade. Die Sturmschäden an ihrer Catana wurden hier in Newport professionell behoben und nun wollen sie sich morgen auf den Weg nach New York machen. In etwa 4 – 6 Wochen wollen wir uns in der Nähe von Washington treffen. Wie die Zeit verfliegt! Nun haben wir schon Mitte August und wir wollen noch rauf nach Boston und Maine.
12.08.2010 Mystic Seaport – Connecticut
Um 12.40 öffnet die Brücke und wir müssen den Mystic Seaport wieder verlassen. So blieb uns nicht mehr viel Zeit das Museum zu erkunden. Einen Teil haben wir gestern schon gesehen. Aber das Museum ist viel zu groß und um alles zu sehen braucht man mindestens zwei Tage. Mir hat das gesamte Museumsgelände außerordentlich gut gefallen. Ich kann jedem nur empfehlen, falls er mal in der Gegend ist, den Mystic Seaport zu besuchen. Die größte Attraktion ist die Charles W. Morgan, das letzte Walfängerschiff aus Holz, 1841 gebaut. Derzeit wird es komplett restauriert, trotzdem kann man es besichtigen und man bekommt einen kleinen Eindruck davon, unter welchen schwierigen Umständen die Besatzung eines solchen Schiffes ihre schwere Arbeit vollbrachten. Unvorstellbar für uns. 3 – 5 Jahre waren Besatzung und Schiff unterwegs, bis sie genügend Wale gefangen hatten. Die Wale fing man wegen des Öles wegen, das dazu diente, die Häuser und auch Leuchttürme Amerikas mit Licht zu erhellen. Es gibt noch weitere historische Schiffe zu sehen, dazu viele kleine Häuser, die teilweise an anderen Orten abgetragen wurden um hier authentische Häuse
präsentieren zu können. Jedes Häuschen hat eine andere Bestimmung, in denen das Handwerk oder Ausstellungsstücke von damals präsentiert werden. So gibt es z.B. die Schmiede, Segelmacher, das Sextantenhaus, Geschäfte und vieles mehr. Es gibt Vorführungen, die von den Beteiligten, meist Volunteers, also Ehrenamtliche mit großer Begeisterung vorgetragen werden. Auch unser Freund Peter ist ein Unterstützer des Mystic Seaport Museums und hat uns heute zu einen kleinen Bootsfahrt rund um das Museumsgelände eingeladen. Viele interessante Geschichten wußte er über das Museum und die dazugehörigen Schiffe zu berichten. Die mit der Asche eines Verstorbenen erzähle ich jetzt mal lieber nicht. Oder vielleicht doch: Ein passionierter Segler wollte nach seinem Ableben verbrannt und die Asche sollte im Meer verstreut werden. So fuhr die Witwe mit einem Boot auf das Meer hinaus. Als es soweit war, machte sie die Urne auf, der Kapitän schrie noch: “Vorsicht, nicht gegen den Wind!”, aber es war schon zu spat. Sie hatte das Kästchen schon umgedreht. Was sie nicht wußte war, daß die Asche nicht lose in der Urne war, sondern in einem Plastikbeutel. Einerseits hatte sie Glück, daß ihr die Asche nicht ins Gesicht geweht wurde, aber andererseits plumpste der Beutel mit der Asche ins Meer. So hatte der Verstorbene sich das wahrscheinlich nicht vorgestellt. Das Boot kehrte wieder um und die Witwe hat mittels eines Bootshaken Löcher in die Tüte gestochen und so hat sich der Wunsch des Verstorbenen doch noch erfüllt.
Die Kinder hatten schon gestern einen neuen Freund kennengelernt, Jake, dessen Eltern mit ihrem Boot auch hier im Hafen liegen. So machten die fünf das Museumsgelände alleine unsicher. Später sammelten wir aber unsere zwei ein und machten mit ihnen noch einen kleinen Rundgang über das Museumsgelände. Mich begeisterte eine Ausstellung mit Gallionsfiguren und deren Geschichten dazu. Ansonsten gab es für die Kinder noch viel zu entdecken und auszuprobieren. Leider war die Zeit viel zu kurz und obwohl wir schon ein bißchen verlängert haben und erst die Brücke um 13.40 nahmen, nahmen wir traurig Abschied von dem schönen Museum. Aber vielleicht kommen wir auf dem Rückweg nochmal hier vorbei. Auf dem Weg zurück waren wir in einer Diskussion vertieft, passten nur kurz nicht auf, bogen falsch ab und plötzlich sagte Klaus: “Der Tiefenmesser spinnt schon wieder, der zeigt 0,00 Meter an.” Oh, der geht ja doch!!!! Wir haben die Fahrtrinne verpasst und sind im seichten Wasser gelandet. Wir hatten nur noch ein paar Meter dann wären wir wieder in der Fahrtrinne gewesen aber nach ein paar Metern war Schluss. Wir steckten fest. Und das bei Hochwasser!! Wenn es bei Ebbe passiert muß man im schlimmsten Fall ein paar Stunden warten dann ist man wieder frei, aber bei Hochwasser ist das schlecht. Also kurz mit dem Rückwärtsgang volle Kraft zurück und wir waren wieder frei. Mit klopfenden Herzen umgedreht und den ganzen Weg zurück und immer gehofft, daß wir nicht nochmal steckenbleiben. Puh, gerade nochmal gutgegangen. Dabei ist doch morgen erst Freitag, der 13.!
11.08.2010 Noank – Mystic Seaport
Heute morgen kam Carol vorbei und wollte mich zu einen Spaziergang abholen. Da ich sowieso noch mal in den Ort zur Post wollte um schon lange fällige Briefe aufzugeben war ich froh um die nette Begleitung. Auf dem Weg durch den Ort bekam ich von Carol alles rund um den Ort und die Einwohner erklärt. Da Carol aus einer alteingesessenen Familie kommt, konnte sie mir zu jedem Haus und Einwohner eine kleine Geschichte erzählen. Auch jeder Passant wurde mit Handschlag begrüßt und jedes Mal wurde ich vorgestellt. Aber alle kannten mich schon, zumindest unser Schiff. Anschließend fuhr mich Carol auch noch zur nächstgelegenen Post, da die Post im Ort keine Briefmarken verkauft. Ich kam noch rechtzeitig zurück zum Schiff, denn heute wollten wir vormittag zum Mystic Seaport segeln. Wir machten das Schiff startklar und da kam auch schon die Casulo und holte uns ab. Carol und Jim mit Familie halfen uns beim Ablegen und wir machten uns auf den kurzen Weg. Zwei Brücken mussten wir passieren. Zum einen die Eisenbahnbrücke, die sich mittels eines Drehmechanismus in die Mitte dreht und die Zahnradbrücke, die sich nach oben öffnet. Für uns ein Klacks, da hatten wir in La Rochelle schon ganz andere Brücken gemeistert. So liefen die Pacific-High und die Casulo unter Getröte und Geklatsche in den Mystic Seaport Museumshafen ein, denn die halbe Bevölkerung von Noank stand am Ufer, allen voran Peter und Phyllis, um uns zuzuwinken. Ein schönes Gefühl, so nette Freunde gefunden zu haben. Wir legten an, was etwas schwierig war, da unsere Fender vom RAM Island Yachtclub noch horizontal hingen, hier jedoch besser vertikal hängen sollten. Der Kapitän hat rumgebrüllt und die Crew hat trotzdem nicht gemacht was er wollte. Wir haben es zwar doch noch ohne Schrammen hinbekommen aber die gute Stimmung war weg. Auf der Casulo das gleiche Spiel und so fanden Solange und ich uns mit den Kindern alleine auf dem Museumsgelände wieder. Wir Frauen verbrachten mit den Kindern einen tollen Tag auf dem Museumsgelände und die Männer verbrachten einen tollen Tag auf der Casulo mit jeder Menge Bier. Da war die Stimmung dann auch wieder lustig. Gegen späten Nachmittag kamen Jim und Carol und fuhren mit der Casulocrew zum Einkaufen, damit sich auch Solange und Joao wieder richtig verproviantieren konnten. Anschließend mixte Joao noch seine legendären Caipiroschka und es war schon 21.30 Uhr als wir endlich loskamen um noch Abend zu essen. Wir nahmen gerne noch mal den Taxidienst von Jim und Carol in Anspruch und landeten bei einem Italiener. Mmmmh, lecker, endlich mal wieder eine Pizza. Es stand auch extra auf der Speisekarte, die Pizza würde im Steinofen gebacken und kann in der Größe differieren. Bekommen habe ich eine Tiefkühlpizza. Aber die anderen hatten mehr Glück. Wir gingen zu Fuß zurück zum Schiff. War mal wieder schön, nicht mit dem Dinghy gegen Wind und Wellen zurückfahren zu müssen.
Marina und Luana haben bei uns übernachtet und Joao und Solange kamen um 10.00 Uhr zu uns gefahren, um erstens ihre Kinder wieder abzuholen und zweitens mit uns in dem netten Cafe zu Frühstücken. Das Cafe besteht seit 1907 und in den 50er oder 60er Jahren wurde zum letzten Mal renoviert. Das kleine Cafe, hat so viel Charme dass es zum Treffpunkt der Dorfbevölkerung geworden ist.
Hier erfährt man alle aktuellen Neuigkeiten und natürlich jede Menge Tratsch und Ratsch. Die Pfannkuchen sind riesengroß. Auf Anraten der Kellnerin bestellte Kolja nur 2 statt 3 Pfannkuchen, aber auch diese waren zuviel. Nach einem langen Besuch des örtlichen Spielplatzes gingen wir wieder zum Boot zurück. Die Casulocrew verabschiedete sich und wir füllten erstmal unsere beiden Wassertanks auf. Ansonsten hatten wir auch einen ruhigen Tag, von den vielen Besuchen bei uns an Bord abgesehen. So durften wir den Vater eines Mitarbeiters der Lagoonwerft kennenlernen, mit dem wir auch schon zu tun hatten. So klein ist die Welt.
Nach einer ungemütlichen Nacht (hohe Wellen schaukelten uns die ganze Nacht durch, wir haben wirklich keine Ahnung wo die herkamen) segelten wir gestern weiter nach Noank. Wir suchten uns ein Ankerplätzchen neben dem Mooringfeld und Casulo, die bald danach eintraf, ankert nun neben uns. Nach einem Abendessen bei uns an Bord fielen wir alle in die Kojen. Segeltage sind anstrengend.
Während die Casulo noch einige Dinge an Bord zu erledigen hatte, starteten wir in der Früh eine Erkundungstour durch den Ort und wir waren begeistert. Soviele schöne Häuser und erst die Gärten! Superordentlich gepflegt und der Rasen in allen Gärten ausnahmslos frisch gemäht. Kein Halm länger als 5 cm. Kein Unkraut, schöne Blumenbeete. Viele Blumen und Pflanzen kennen wir auch von zu Hause. Die allermeisten Grundstücke haben keine Zäune, allenfalls eine halbhohe Steinmauer. Auf unserem Weg durch das Dorf machte ich Klaus auf ein schönes Haus aufmerksam, das erst halb renoviert war und gerade dadurch seinen besonderen Charme hat. Auffällig war ein Paravent aus Holztafeln. Als Klaus diesen fotografierte kam ein Mann auf uns zu und erklärte uns, dass jede Tafel eine biblische Szene darstellt. So kamen wir mit Peter und Phyllis ins Gespräch und nach einem geführten Rundgang durch das Örtchen landeten wir auf ihrer
Terasse und wurden mit Cola und Limo verwöhnt. Peter und Phyllis leben schon länger hier in einem wunderschönen Haus von 1849. Viele Häuser sind aus dem 19. Jhrd. und liebevoll restauriert. Peter erklärte uns, dass in Noank früher viele Bootsbauer gelebt haben und die Häuser folglich nach Bootsbauregeln errichtet wurden. Sie sind Mitglied des örtlichen Yachtclubs und luden uns ein, unsere Pacific-High an ihren
Steg zu verlegen. So verholten wir unser Schiff längsseits an den schönen Steg des Yachtclubs. Und waren damit die Attraktion des Ortes. So viele nette Leute kamen und es wurden viele Gespräche geführt. Jeder wusste etwas Besonderes zu berichten. Peter war noch so nett uns zum Supermarkt in Mystic zu fahren. Wir nutzten die Gelegenheit schamlos aus und kauften ein, als ob es morgen nichts mehr zu kaufen gäbe. Die Dame an der Kasse fragte, ob wir auf einen Segeltörn gehen. Stimmt ja irgendwie auch. Peter musste lachen angesichts unserer Mengen, aber wir waren so froh, mal wieder mit dem Auto einkaufen zu können und vor allem mit dem Auto bis fast vor’s Schiff fahren zu können.
So bleiben wir nun zwei Tage hier in Noank und genießen die Gastfreundschaft der netten Menschen hier und danach verlegen wir uns in den Seaport Mystic, einen berühmten Museumshafen. Dort dürfen wir nämlich als ausländisch geflaggtes Schiff, das über den Atlantik gesegelt ist, eine Nacht umsonst anlegen. Eintritt in das Museum inclusive. Den Tipp haben wir von einem Paar hier im Ort bekommen, das selbst 6 Jahre lang um die Welt gesegelt ist.
Abends kam die Casulo-Crew. Die Kinder hatten einen Sleep-over organisiert, wobei Kolja glaube ich ganz froh war, dass er in seiner Kabine alleine schlafen durfte, während sich die drei Mädels Helenas Kabine teilten. Wir Erwachsenen gingen in das Restaurant „The Fishermen“, das uns von drei Einheimischen empfohlen wurde. Peter spielte abermals das Taxi und fuhr uns hin. Zurück wollten wir laufen. Das Essen war sehr gut und schön angerichtet. Wir genossen die Zeit und hatten uns viel zu erzählen. Der Gesprächsstoff geht unter Seglern eben niemals aus. Zurück sind wir gelaufen. Es war stockdunkle Nacht und da wir Klaus’ Wegweisung nicht folgten, verliefen wir uns prompt. Wir alberten herum, dass wir uns in New York City nicht einmal verlaufen haben, aber in diesem 1500 Seelen Dorf mit drei Strassen. Naja, Klaus fand das nicht so lustig, aber wir haben den richtigen Weg mittels Joao’s I-Phone dann doch noch gefunden.
07.08.2010 Westbrook, Connecticut
Auf unserem Weg durch den Long Island Sound segelten wir tagsüber und nachts suchten wir uns Ankerplätze. Gleich hinter New York stehen recht beeindruckende Häuser an den Stränden. Anlanden kann man mit dem Dinghy kaum. Es ist alles privat und wenn man Glück hat, wird man mit unfreundlichen Worten verscheucht, wenn man Pech hat auch mit einer Kanone, wenn man einem vorbeifahrenden Jetskifahrer glauben darf. So hangelten wir uns weiter bis nach Westbrook. Gegen Mittag fuhren wir mit dem Dinghy an den Strand, aber auch hier hieß es: Alles privat! So fuhren wir mit dem Dinghy in die Marina. Wir waren heute morgen schon hier beim Tanken. Obwohl es wirklich sehr eng war, klappte es wie am Schnürchen. Jeder stand an seinem Platz, alle Fender hingen perfekt, die Leinen waren vorbereitet. Lässig stand ich an der Reling, wir waren kurz vor der Tankstelle, als Klaus plötzlich rief: „Die Mikrocommander sind ausgefallen!“ Das heißt er hat keinerlei Kontrolle mehr über die Motoren und wir sind manövierunfähig. Und das in einer engen Marina kurz vor dem Anlegen an der Tankstelle! The worst case! Hektik brach aus. Kolja spurtete los und schaltete die Sicherung aus und wieder an während Helena und ich uns zwei Fender schnappten und das Schlimmste verhinderten. Die Leute an der Tankstelle versuchten, die Pacific- High mit den Händen vom Steg wegzudrücken, aber der Wind drückte uns mit dem Heck an das Dock und wenn wir mit unseren Fender nicht dagegengehalten hätten, wären unsere Heckstufen jetzt wahrscheinlich nicht mehr ganz so schön. Der Kontakt der Microcommander an die Motoren war nach neuerlichem Anschalten der Sicherung wieder hergestellt und so konnten wir wie gewohnt ohne weitere Hektik anlegen. Dieses Problem hatten wir schon mehrmals und der Fehler muß dringend behoben werden, das darf einfach nicht passieren. Am Nachmittag fuhren wir also mit dem Dinghy in die Marina, da es ganz, ganz hinten einen Steg geben soll, wo man tatsächlich mit dem Dinghy anlanden kann. Und tatsächlich, nach langer, langer Dinghyfahrt durch den Hafen fanden wir den Steg mit dazugehörigem Restaurant. Und sonst nichts! Hinter Restaurant war nichts ausser einer Schnellstrasse. So konnten wir von der Gegend nichts sehen und stellten uns in die Schlange des Restaurants um einen Tisch zu bekommen. Man geht in den U.S.A. nicht einfach in ein Restaurant und sucht sich einen Tisch. Man muß warten, bis einem ein Tisch zugewiesen wird. So sind etliche 8-er Tische mit nur zwei Leuten belegt, es ist aber absolut unüblich sich dazuzusetzen. Da Samstag war und hier Highseason ist ging es ziemlich zu, aber bald hatten wir einen Tisch für uns acht bekommen. Als wir nach dem Essen zurück zum Dinghy kamen stellten wir fest, dass sich etlich Möwen in unser Dinghy verliebt hatten und nicht nur darauf sassen, sondern es auch komplett vollgeschi…. hatten. Super! So suchte sich jeder ein kleines Plätzchen, das die Möwen noch freigelassen hatten und fuhren zum Boot zurück. Kolja und Helena meldeten sich freiwillig (wirklich!) zum Dinghyschrubben und kurze Zeit später strahlte es wieder in neuem Glanz.
03.08.2010 Long Island Sound
In aller Frühe (9.00 Uhr) machte ich mich auf zum Policedepartment. Wir holten noch kurz Solange von der Casulo ab und Klaus setzte uns am Ufer ab. Solange wollte ein letztes Mal im Cafe am Broadway die New York Times lesen, während ich das Protokoll für die Versicherung bei der Polizei abholte. Leider bekam ich dort nicht das Protokoll, sondern lediglich ein weiteres Schriftstück zum Ausfüllen und eine wichtige Nummer, ohne diese eine weitere Bearbeitung unseres Falles nicht möglich ist. Ich muß nun das Schriftstück ausfüllen, an ein weiteres Policedepartement senden (mit adressiertem Rückumschlag). Von dort bekäme ich dann innerhalb von 2 Wochen das begehrte Protokoll zugesandt. Ja, nur wohin? Adresse Pacific-High ist ja nicht möglich. Also muß wieder mal mein Freund Alex aus Kindertagen mit seiner Adresse herhalten. Danke, lieber Alex.
So, jetzt noch schnell zum Central Park und Steine gesammelt für mein Kunstprojekt, dann Solange vom Cafe abgeholt und flugs wieder zurück zum Boot, denn wir wollen die Strömung des Hudson ausnutzen und mit ihr hinausmotoren und dann ebenfalls die Strömung des East Rivers nutzen. Dazu mussten wir aber um 10.00 bis 10.30 ablegen. Wir waren also rechtzeitig wieder zurück am Schiff und es hieß Anker auf. Ja, aber was ist das denn? Unsere Ankerkette hat sich um einen riesigen Baumstamm gewickelt, den wir nun ans Tageslicht beförderten. Vier Wochen lang lagen wir hier und haben uns mehrmals verlegt und nie hatten wir Probleme und jetzt gleich zwei mal hintereinander. Wir ließen den Baumstamm mit der Ankerkette wieder in der Versenkung verschwinden, gaben Gas und schafften es tatsächlich mittels geschickter Vor- und Rückwärtstransaktionen uns vom Baumstamm zu befreien. Kolja fuhr uns den Hudson River entlang und wir konnten noch mal die Skyline bewundern. Um Manhattan herum in den East River unter der Brooklynbridge hindurch. Unter knapp zehn Brücken mussten wir durchsegeln und jedes Mal war es spannend ob die Höhe auch ausreicht. Nach unseren Karten musste die Clearance zwar immer gut ausreichen, aber es sah einige Male doch knapp aus. In Wirklichkeit waren es immer gut ein paar Meter, aber von unten sah es doch spannend aus. So waren wir nun im East River und entfernten uns recht schnell von der Skyline New Yorks.
02.08.2010 Der letzte Tag in New York
Am Morgen haben wir den Anker raufgezogen um zum Fairway zu fahren. Als wir den Anker aber hochzogen, entdeckten wir, dass unsere Ankerkette sich um einen verlorengegangen Anker gewickelt hatte und das gleich mehrmals, den wir nun mit unserer Ankerkette an Tageslicht befördert hatten. Ein etwa 30 kg schwerer Stockanker hing also an unserer Ankerkette und wir mussten den irgendwie wieder loswerden. Im Geheimen war ich froh, dass es nur ein Anker war und nicht ein Skelett mit den Füßen im Beton, immerhin war ja mal die Mafia hier sehr aktiv. Aber Klaus meinte, dass es eher unwahrscheinlich ist, ein Skelett hier herauszuziehen, das noch nicht in alle Einzelteile zerfallen ist. Mit Hilfe von Seilen gelang es uns den Anker von der Ankerkette zu befreien. Also, auf zum Fairway und noch mal Getränke, Fleisch und Gemüse einkaufen. Auch Milkaschokolade haben sie hier. Der Laden ist leider recht unübersichtlich, alleine Nudeln gibt es an drei verschiedenen Stellen. Dafür haben wir so manche andere Sachen gar nicht gefunden. Mais in Dosen kennen die Amerikaner anscheinend gar nicht. Komisch. Auch Erdnußflips sind zu meinem großen Bedauern unbekannt.
Da leider zwei unserer Fahrräder hier in New York gestohlen wurden (am Tag vorher sah ich noch eine Werbung einer Versicherung in der U-Bahn, die darauf hinwies, dass New York zu den 5 Städten der Welt gehört, in denen die meisten Fahrräder geklaut werden). Aber wir wähnten uns mit zwei!! dicken Ketten sicher. Wir zogen die Ketten sogar durch Vorder- und Hinterrad, aber am Ende war alles weg, sogar die Edelstahlkette. Für die Versicherung brauchten wir nun noch ein Polizeiprotokoll. Da ich noch verschiedene Sachen in der Stadt zu erledigen hatte, machte ich mich alleine auf zur nächsten Polizeistation. Ein komisches Gefühl. Es war direkt so wie man es aus Filmen kennt. Man geht durch die Tür und steht erst mal vor so einem Gartenzaun. Dann kommt jemand, dem man erst mal erklären muß, um was es geht. Und ständig hat man das Gefühl, man ist schuldig. Ich weiß nicht, keiner ist freundlich, man wird nur angeblafft, also: Die Polizei, dein Freund und Helfer….trifft hier nicht zu. Ich durfte mich dann auf einen Stuhl setzen, so mit angeschraubter Schreibplatte und der Policeofficer nahm den Fall auf. Derweil schaute ich mich auf meinem Stuhl sitzend ein bisschen um. Sehr dunkel der ganze Raum, Neonleuchten, die amerikanische Flagge, die nicht fehlen darf, Mitarbeiter des Monats, Colaautomat, etliche WANTED!-Aushänge, andere Aushänge: Cash for Guns $100 No questions asked, aha, wenn ich das gewusst hätte! Und alles irgendwie, naja, ein bisschen schmuddelig. Nach vielen Fragen war der Officer dann fertig und meinte, ich solle morgen wiederkommen. Aha, also noch mal den weiten Weg zu Fuß, denn die Fahrräder sind ja geklaut.
Dann machte ich mich ein letztes Mal auf in die Stadt. Ein letztes Mal New York genießen, mich von der Stadt verabschieden. Ein paar Dinge waren auch noch unerledigt. Auch nach vier Wochen New York habe ich vieles nicht gesehen. So habe ich beispielsweise 2006 ein Bild von mir nach New York verkauft an den Broadway, Hausnummer 176. Nun wollte ich mir also ansehen, wo mein Bild hängt. Broadway 176 ist ziemlich weit im Süden, nur zwei Blocks vom Ground Zero entfernt. Ich sprach mit dem Concierge, der meine Kundin auch kannte. Leider ist sie vor zwei Jahren nach New Jersey gezogen, aber für mich war es auf jeden Fall spannend, den Weg meines Bildes zurückzuverfolgen.
Dann fuhr ich noch einmal zum Times Square und kaufte mir eine New York Times. Ich lief zu Fuß vom Times Square zum Central Park, ich nahm noch einmal die besondere Atmosphäre auf und fuhr von dort aus mit der Metro zurück. Das war’s. Vier Wochen New York. Viel Zeit und eigentlich doch zu wenig.
01.08.2010 96th Street Hudson River
Wir haben gemeinsam mit der Casulo beschlossen, am Dienstag weiterzusegeln. So wollen wir heute noch ein letztes Mal in die Stadt, um noch alles zu erledigen, zu dem wir die letzten vier Wochen nicht gekommen sind. Eigentlich wollte ich noch mal in die Galerien nach Chelsea, aber es stellte sich heraus, dass die meisten Galerien am Sonntag geschlossen haben. So stand als Erstes noch mal B&H auf dem Programm um die fehlenden Festplatten und ein neues Stativ zu besorgen. Klaus bekam zwei Festplatten und ich dafür zwei Stative. Gerechtigkeit muß sein! Der Laden ist schon etwas Besonderes. Die allergrößte Auswahl die man sich wünschen kann. Und hat man dann endlich das gefunden, was man gerne möchte, kann man es sich nicht einfach so nehmen, sondern muß erst damit zu einem Verkäufer, der gibt einem dafür einen Zettel und mit diesem Zettel muß man an die Kasse. Derweil wird das Objekt der Begierde vom Verkäufer in ein Plastikkästchen gelegt und mittels eines kompliziert ausgeklügelten Systems auf Schienen an der Decke durch den ganzen Laden an die Kasse geschickt.
Da Thunderstorms angesagt waren, der Himmel sich zuzog und Kolja sich auch schon am Telefon meldete, spurteten wir sofort nach dem Einkauf wieder nach Hause, was gar nicht so einfach war, da verschiedene Metrostationen wegen Renovierungsarbeiten gesperrt waren. Zurück an Bord war der restliche Tag aber friedlich und wir verbrachten einen entspannten Tag an Bord. Die Casulo kam von ihrem Ankerplatz an der 79th Straße zu uns und ankerte neben uns.