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27.03.2013 Logbuch Pazifiküberquerung

Logbuch Pazifiküberquerung

1. Tag 08.03.2013 Freitag

Da unsere Zarpe auf den gestrigen Tag ausgestellt war, gingen wir früh um 6.00 Uhr Anker auf. Rund 3000 Seemeilen liegen vor uns. Kaum aus der Bucht motort, erwartet uns schon der erste Squall mit 35 Knoten. Nur mit der Fock konnten wir mit 8 Knoten segeln. Der Regen wusch den noch verbliebenen Panamadreck von Bord, ich bilde mir sogar ein, dass die Fock wieder etwas weißer geworden ist.  Ich habe eine Maschine Wäsche gewaschen. Die Luft ist so salzhaltig, die Wäsche gar nicht richtig trocknen. Wir haben Dünung gegen uns, aber in langen Abständen. Absolut ruhiges Segeln. Ich habe die Wache um 2.00 Uhr von Klaus übernommen. Gerade hat ein Frachter unseren Weg gekreuzt. Irgendwo schwirrt noch ein Fischer herum, was mich nicht glücklich macht. Hoffentlich zieht der kein Schleppnetz hinter sich her. Ansonsten ist nicht viel los.

2. Tag 09.03.2013 Samstag

Helena löst mich um 6.00 Uhr ab. Ich habe mich noch mal hingelegt. Um 7.30 Uhr werde ich von viel Lärm geweckt. Klaus hat mit den Kindern die Besegelung gewechselt. Von Groß mit Fock auf Parasailor. Mit diesem konnten wir bis Nachmittag gut segeln, dann allerdings war der Wind ganz weg. Da uns lt. Wetterdaten ein Flauten Gebiet im Nacken sitzt, entscheiden wir uns zu motoren. Nichts wie weg, wir gehen nach Süden.

Da Klaus gerade schlief, barg ich den Parasailor mit Kolja zusammen. Er hatte Schwierigkeiten, den Snuffler über den Schirm zu ziehen. Wir hampelten eine Weile herum, bis er dann letztendlich unten war. Gott sei Dank war kein Wind, sonst wären wir ganz schön in die Bredouille gekommen. Die Rückholleine ist an einer Stelle mit einem schwarzen Kunststoff überzogen der aufgerissen ist. Und an dieser Stelle verhaken sich die dünnen Leinen des Schirms. Deshalb ging es immer schwer den Snuffler (Bergesack) über den Schirm zu ziehen.

3. Tag 10.03.2013 Sonntag

In meiner Nachtwache überlässt es Klaus mir, ob mit Segel oder ohne. Ich entscheide mich für mit ohne Segel. Fast kein Wind, schlagende Segel, ständig aufpassen. Da ist es mir für den Anfang so lieber. Auf schlagende Segel habe ich jetzt keine Lust. Dieses Geräusch, wenn der Baum mit voller Wucht schlägt, tut in der Seele weh. So motoren wir durch die Nacht. Aber das macht auch nicht richtig glücklich.

4. Tag 11.03.2013 Montag

Wir sind frustriert. Man kann es sich auch nicht mehr schönreden. Wir motoren seit gestern Vormittag immer wieder für längere Abschnitte. Der gestrige Tag war größtenteils bedeckt und um 7.00 Uhr hat es zu regnen angefangen. Ein Riesenregengebiet mit 30 km Durchmesser. Aber kein Wind. Nullinger, nada, nischta. Und wenn, von vorne. Ich weiß nicht, wann und ob wir jemals wieder Wind bekommen.

Gestern war ein Rotfußtölpel bei uns. Er hat sich auf dem Rettungsring niedergelassen und hat sich ausgiebig geputzt, bevor er weitergeflogen ist. Sonst ist Fehlanzeige mit irgendwelchen Tiersichtungen. Keine Delfine, keine Wale.

5.00 Uhr früh: Jetzt reicht es. Das Großsegel schlägt wie verrückt, der (nicht vorhandene) Wind kommt von allen Seiten. Das Segel bringt nullkommanix, macht einen Höllenlärm und wird auch nicht besser dadurch. Ich berge es in der Hoffnung, dass unmittelbar danach Wind aufkommt. Mal sehen, ob es klappt.

6.00 Uhr früh: Morgengrauen. Immer wieder ein fantastisches Naturschauspiel. Ich sitze auf der Fly und sehe staunend zu wie sich der Himmel verfärbt. Ein magischer Moment. Wenn nur das blöde Motorgebrumm nicht zu hören wäre.

6.30 Uhr: Helena kommt und löst mich ab. Ich warte noch, bis es richtig hell ist und verschwinde dann in meine Koje. Unsere Kinder helfen uns tagsüber bei den Wachen, bei Dunkelheit haben sie meiner Ansicht nach jedoch draußen nichts verloren.

8.00 Uhr: Es hat geklappt. Ich höre in meiner Koje wie Klaus die Segel hisst und den Motor abstellt. Hurra, wir segeln wieder. Allerdings nicht sehr lange. Dann verlässt uns der Wind wieder und die Segel fangen wieder an zu schlagen.

10.00 Uhr: Zermürbend. Das Geräusch des schlagenden Großsegels. Ein kurzes Knarzen der Leinen und dann ein lauter Schlag. Dann wieder Ruhe und das Ganze von vorn. Die See ist trotz fehlenden Windes unruhig, die Wellen kommen gefühlt von allen Seiten. Wir werden durchgeschüttelt. Des Seglers Traum: Kein Wind und unruhige See. Spaß macht das nicht.

12.00 Uhr: Wir sind die schlagenden Segel leid und probieren es mit dem Gennaker. Der Aufwand ist groß (Segel aus dem Schapp holen, fertig machen, usw.) und wir sind uns nicht sicher, ob der Wind für das Segel ausreicht. Aber wir werden für die Mühen belohnt. Wir laufen immerhin 4 Knoten (und sind glücklich darüber) in die richtige Richtung. Die See wird angenehmer, wir werden nicht mehr durchgeschüttelt und langsam auch schneller.

5. Tag 12.03.2013

2.00 Uhr früh: Meine Wache beginnt. Bei einfachen Überfahrten (keine schwierigen Bedingungen) wechseln Klaus und ich nur 1 x in der Nacht. Klaus übernimmt die 1. Wache von 21.00 Uhr bis 2.00 Uhr. Ich übernehme dann bis morgens. Wir kommen gut damit klar.

Morgens lösen die Kinder mich ab, bis Klaus wieder übernimmt.

3.00 Uhr: Es ist Neumond und rabenschwarze Nacht. Ich vermisse den Mond, aber ich muss noch zwei Wochen auf Vollmond warten.

6.00 Uhr: Kein Kind kommt mich ablösen. Kolja hat wieder “Nachtwache” mit Klaus gehalten. Ich weiß nicht wie lange, deshalb möchte ich ihn nicht wecken. Helena möchte ich auch nicht wecken, ich weiß, wie schwer ihr das Aufstehen fällt. Außerdem macht es mir nichts aus. Die Sonne geht auf, es wird hell. Allerdings sind dunkle Wolken am Himmel, die Sonne kommt gar nicht recht durch.

Den ganzen Tag über machen wir gute Fahrt. Wir müssen an den Segeln kaum etwas verstellen. Nur kurz sitze ich oben, wir haben recht viel Wind von der Seite und es ist kühl, vor allem wenn die Sonne nicht scheint. Wir sitzen oft zu viert im Salon und es wird eng.  Am Abend funken wir und spielen Rummy Cub. Ich gewinne 3x hintereinander.

6. Tag 13.03.2013

2.00 Uhr früh: Das Aufstehen fällt mir schwerer als am Anfang. Der Himmel ist bedeckt, es sind keine Squalls oder Regen am Radar erkennbar. Auch kein anderes Schiff. Der Pazifik ist weiterhin unruhig. Oft macht die Pacific High unkoordinierte Bewegungen, dann wieder für längere Zeit recht ruhige Fahrt. Wir laufen 8 Knoten bei 14 – 15 Knoten scheinbarem Wind. Durch die Notausstiegsluken kann man leuchtendes Plankton erkennen. Und unseren Rumpf, der langsam aber sicher wieder mit einer braunen, schmierigen Schicht zuwächst. Wie kann das bei diesen Geschwindigkeiten anwachsen? Bei Tageslicht kann man durch das Notfenster immer mal wieder für wenige Sekunden das Unterwasserschiff erkennen. Die Propeller, die Ruder und auch die Kiele. Wenn sich eine Welle unter dem Schiff durchschiebt und das Fenster komplett mit Wasser bedeckt, ist es wie eine große Taucherbrille.

Da die Wellen von der Seite kommen rummst es ab und zu kräftig.

Um 4.00 Uhr wird der Wind immer stärker. Der Windalarm geht etliche Male an, Kolja ist wach und beunruhigt. Als wir dann AWS 20 Knoten hatten und über 10 Knoten gelaufen sind, will ich die Fock ins 1. Reff setzen. Es ist aber zu viel Wind, ich schaffe es nicht alleine. Klaus ist sowieso wach, er hat für solche Situationen oft einen 6. Sinn. Wir haben die Fock zusammen ins 1. Reff gesetzt. Wir sind nochmal 10 ° nach Nord gegangen, damit ist es auch angenehmer geworden.

Der heutige Tag war bedeckt, dadurch haben wir durch die Solarzellen nicht allzu viel Strom bekommen.

7. Tag 14.03.2013:

2.00 Uhr früh: Das Aufstehen fällt immer schwerer. Obwohl ich schon um 19.00 Uhr ins Bett gegangen bin und nicht mehr allzu lange gelesen habe. Ich bin gut ausgeschlafen, aber es macht halt nicht unbedingt Spaß. Und natürlich regnet es jetzt. Und natürlich haben wir gleich 25 Knoten Wind. Ich hoffe, es wird wieder ruhiger.

Manchmal kommt eine Welle und das Schiff wird hin und her geworfen, die Wanten schlagen. Gestern berichtete Alex von der Rose in der Funkrunde, dass bei ihm eine Wante gebrochen ist. Aber Alex, der alte Haudegen, findet das gar nicht so tragisch. Er kann noch weiter segeln. Seine Ruhe möchte ich haben.

Die Segelei ist elend. So war der Atlantik nicht. Unglaubliche Schläge, eine Wackelei. Von wegen ruhiger Pazifik. Ich bin froh, wenn wir endlich angekommen sind. Gott sei Dank haben wir den Autopilot. Klaus sagte beim Wachwechsel, er würde eine solche Passage nicht für 100.000 EUR in dem kleinen roten Schwedenboot machen, das auf den Galapagos neben uns geankert hat. Nein danke, ich auch nicht. Aber die Schweden sind ja noch jung.

Am Morgen muss man die ganzen fliegenden Fische und Tintenfische einsammeln, die nachts auf unser Boot geflogen oder gesprungen sind. Gott sei Dank hinterlassen nicht alle Tintenfische Tinte auf unserem Boot. Die meisten sterben farblos.

Mittag füllten Klaus und ich Trinkwasser ab. Plötzlich sehe ich etwas aus dem Wasser ragen. “Du, da ist was im Wasser!” Wir sehen beide an Steuerbord einen dunklen Schatten. Ein Wal. Als wir aufstehen und ins Wasser sehen,  kommt der massige Körper direkt neben uns aus dem Wasser. Ein Orca! Deutlich sehen wir das Schwert und die Zeichnung. Dann taucht er wieder ab und schwimmt weiter. Wow! Nun schon das zweite Mal, dass wir einen Orca direkt bei unserem Schiff sehen. Leider ist es immer nur eine kurze Begegnung. Ein paar Mal taucht noch das Schwert aus dem Wasser und dann ist er weg.

Klaus legt sich hin, da er die Nacht nicht gut geschlafen hat. Zu ruppig war die Segelei. Wir hatten meist um die 20 Knoten TWS, manchmal 25 Knoten. Ich musste weiter nach Norden segeln als uns eigentlich lieb war. Trotzdem hatte ich Spitzengeschwindigkeit von über 11 Knoten drauf. Mit der Kursänderung war es dann zumindest Segeltechnisch ruhiger. Wir liefen Durchschnitt 8,5 Knoten. Richtig schnell. Da macht das ETA (errechnete Ankunftszeit) anzusehen Freude: wenn wir in dieser Geschwindigkeit weitersegeln: 10 Tage. Aber der Wind wird hoffentlich wieder ruhiger werden, denn lieber 2 Tage länger und dafür ruhig und kein Bruch.

Mittag reißt der Himmel auf und wir sehen endlich wieder blau. Ist das schön: der Himmel und das Meer sind tiefblau. Wir freuen uns sehr über die Wetteränderung.

Ich rufe mit dem Satellitentelefon zu Hause an. Es ist wirklich bizarr. Da sind wir in der Mitte von Nirgendwo und ich telefoniere mit meiner Mutter. Ein Wunder der Technik.

Um 15.30 Uhr sitze ich oben und sehe routinemäßig um mich in der Erwartung nichts zu sehen. Aber was ist das? Ein grauer Schatten steuerbord am Horizont. Ich muss erst das Fernglas holen. Ein Fischer. Auf Kollisionskurs. Ich bete, dass er hinter uns vorbeigeht. Wer weiß, wie lange das Netz ist, das er hinter sich herzieht. Bald darauf ändert der Fischer seinen Kurs und ich bin beruhigt, er geht hinter uns durch. Das Schiff sendet kein AIS. Kolja und ich schalten das Radar ein, darauf ist er gut zu erkennen. Von der ersten Sichtung bis zur Kreuzung unseres Fahrwasser dauert es 25 Minuten. Hätte er den Kurs nicht geändert, wäre er in 20 Minuten bei uns gewesen. Nachts sieht man ihn dank des Radars früher.

Abends gibt es Nudeln von gestern. Aufgewärmt. So müssen wir nicht nochmal den Generator starten. Überraschenderweise haben wir gestern bei bedecktem Himmel mehr Strom aus den Solarkollektoren erhalten als heute. Allerdings ist die Sonne erst Mittag richtig durchgekommen und die Kollektoren waren um 14.30 schon wieder durch das Segel beschattet.

8. Tag 15.03.2013

3.00 Uhr

Wir haben 12 Knoten Wind und laufen 7 Knoten. Der Himmel ist sternenklar. Klaus hatte am Anfang seiner Nachtwache den Mond. Aber nicht lange. Zu Anfang der Nachtwachen hatte ich den Mond als winzige Sichel um 4.00 Uhr früh an Backbord. Dann war Neumond. Und jetzt hat Klaus den Mond als winzige Sichel um 9.00 Uhr an Steuerbord. Ansonsten ist es ruhig. Kein Regen. Laue, warme Nacht, keine Feuchtigkeit.

3.30 Uhr:

Ein AIS Signal hinter uns an Steuerbord. Floretino, ein Fischer. So wie es aussieht, geht er etwa in einer Stunde vor uns vorbei. Mist. Mir wäre es lieber, er würde hinter uns bleiben. Ich weiß ja nicht, ob er irgendein Netz hinter sich herschleppt. Jetzt ist auch ausgerechnet der Wind weg. Nur noch 9 Knoten AWS, SOG 4.6. Da kann ich ihm natürlich auch nicht wegfahren. So ein Pech. Mal sehen, was wird.

5.30 Uhr:

Floretino geht im Abstand von etwa 3 sm vor uns durch. Ich habe vergeblich versucht ihn anzufunken. Keine Reaktion. Die letzten zwei Stunden habe ich nichts anderes gemacht, als den Fischer zu beobachten. Zwischendurch frischte der Wind auf und ich dachte, vielleicht könnte ich doch noch vor ihm durch. Dann war der Wind aber wieder weg.

Um 7.15 Uhr wecke ich Helena und sie löst mich ab. Ich bin froh, mich hinlegen zu können. Ich schlafe bis 9.00 Uhr. Kolja hat Klaus alles schon erzählt. Auch ich spreche mit ihm über mein nächtliches Erlebnis mit dem Fischer. Er tut alles ab, der Fischer hätte bestimmt kein Netz hinter sich hergezogen, denn der hätte ja auch Angst um sein Netz und blablabla. Ein bisschen mehr Anteilnahme wäre toll gewesen.

Der Segel Tag war toll. Für Klaus ist es zwar zu wenig Wind. Wir haben um die 10 Knoten AWS und laufen ca. 6 Knoten. Ich find’s toll. Die Sonne scheint, es ist wolkenlos. Das Meer wird immer ruhiger. Nur noch alle 10 Minuten gibt es ein Tschawong und eine unübliche Welle lässt die Segel schlagen. Ansonsten ein völliges ruhiges Segeln. So macht es fast Spaß.

9. Tag 16.03.2013

Klaus weckt mich um 23.30 Uhr. Drei Fischer um uns herum, einer davon auf Kollisionskurs. Die drei fahren im gleichen Abstand zueinander und gehören zur selben Flotte. Klaus vermutet, dass die drei ein riesiges Schleppnetz zwischen sich haben. Und wir bald mittendrin. Alle drei reagieren nicht auf Funk. Wir beleuchten unsere Segel. Als der Abstand nur noch 1 Seemeile beträgt und wir auf direktem Kollisionskurs sind, startet Klaus die Motoren. Wir fahren mit zwei Motoren 10 Knoten um dem Netz zu entkommen. Zeitgleich werden wir mit einem riesigen Strahler vom Fischerboot angeleuchtet. Er dreht und wird langsamer. Schließlich geht er mit wenig Abstand hinter uns durch. Das hätte nicht sein müssen. Helena ist wach. Sie sagt, plötzlich kam viel Licht durch die Seitenluke in ihre Kabine. Sie wusste, da kann etwas nicht stimmen. 68KoryoMaru heißt das Schiff, das solche Aufregung verursacht hat.

Die ersten 1000 Seemeilen sind geschafft, nur noch 2000 Meilen. Ich bin froh, dass es so ruhig ist. Hoffentlich kommen jetzt erst mal keine Fischer mehr..

Um 7.30 Uhr wecke ich Kolja zur Ablöse. Ich schlafe dann noch bis 10.30 Uhr. Vom Winchgetöse werde ich geweckt. Aha, Parasailor.

Es war den ganzen Tag über ein schönes Segeln mit dem Parasailor. Er zieht dieses tonnenschwere Schiff so mühelos durch das Meer. Außerdem kann man schön nach vorne sehen. Das merkt man immer dann, wenn man die Besegelung auf Fock und Groß wechselt (um 18.30 Uhr). Der Baum schlägt wie wild. Nicht schön. Fast sind wir versucht, den Parasailor wieder aufzuziehen. Aber nein, Squalls sind unberechenbar.

Bei der abendlichen Funkrunde mit CostaRica Günther beruhigt der uns. Die Fischer ziehen zwar kilometerlange Netze hinter sich her, die würden aber in einigen Metern Tiefe schwimmen. Wir hätten also auch hinter dem Fischer durchgehen können. Trotzdem bleibt es eine blöde Sache.

Der Tag heute ist absolut ruhig. Da sind wir vor Anker schon unruhiger gelegen. Den Tag nutzen wir für verschiedene Arbeiten, die Kinder machen Schule.

10. Tag 17.03.2013

“QRZ, QRZ, hier ist das Costa-Rica-Panama-Pacific-Island-Net, ist jemand von den Seglern QRV?” Pünktlich um 12.00 UHR UTC ruft Günther aus Costa Rica über Funk. Für uns ist die allabendliche Funkrunde mit ein Highlight des Tages. Alle Segler geben ihre Positionen durch und bekommen von Günther die Wetterdaten frei Haus geliefert. Ein toller Service. Günther ist stets mit Rat und Tat an unserer Seite und opfert seine Freizeit um täglich die Funkrunde zu moderieren. Um diese deutsche Funkrunde mit einer Bodenstation an Land werden wir von vielen Seglern anderer Nationen glühend beneidet.

Laue Sommernacht, wenig Welle, wenig Wind. Und kein Fischer weit und bereit. Wir sind superlangsam. Nur 4 – 5 Knoten, dafür ist das Meer absolut ruhig. Wir schweben so dahin. Um 7.30 Uhr haben wir auf Parasailor gewechselt, danach bin ich ins Bett und habe bis 12.30 Uhr geschlafen. Über Schlafmangel kann ich mich nicht wirklich beschweren.

11. Tag 18.03.2013

Irgendwie müssten wir heute das Bergfest schaffen oder schon geschafft haben. Die schnellste Überfahrt wird das wohl nicht werden. Wir dachten, nach den 3 Motorsegeltagen am Anfang, dass es hier flutschen würde. Einmal auf der Passatautobahn….aber es ist einfach zu wenig Wind. Deshalb haben wir entschieden, heute auch nachts den Parasailor stehen zu lassen. Groß und Fock schlagen, wir sind langsam und segeln dann noch in die falsche Richtung…da fällt die Entscheidung für den Parasailor leicht. Nachdem wir nun schon seit Tagen max. TWS 15 Knoten haben und keinerlei Squalls lassen wir ihn nun stehen. Und sind meistens 5.5 – 6 Knoten schnell. Momentan ist der Radar komplett schwarz. Es ist 2.00. Uhr. Wachablösung war heute um 1.30 Uhr, da wir die Uhr um eine Stunde vorgestellt haben. Jetzt wird es wenigstens um 6.00 Uhr langsam hell, nicht erst um 7.00 Uhr.

Der Tag war wieder relativ ereignislos. Keine Sichtungen. Der Wind legte etwas zu, wir sind eine Weile 7 – 8 Knoten gesegelt. Schön, mal wieder etwas schneller zu sein. Auf dem Meer waren Schaumkronen zu sehen. Ansonsten ein strahlend blauer Pazifiktag. Je später der Abend wurde, desto weniger Wolken waren zu sehen.

In der Funkrunde erfahren wir, dass die Gemeos, die 9 Tage vor und von den Galapagos gestartet ist nach 19 Tagen die Marquesas erreicht hat. Wir sind neidisch.

12. Tag 19.03.2013

Wachablösung 1.30 Uhr: Wir segeln mit 7 – 7.5 Knoten durch die Nacht. Auf dem Radar ist nichts zu sehen. Der Wind kommt ca. aus 128°, er sollte nicht unter 120° kommen. Das ist das Einzige, auf was man momentan achten muss.

Die Nachtwache war easy, keinerlei Regen oder Windveränderung. Nur merkte ich deutlich, dass wir die Uhr um eine Stunde vorgestellt hatten. Diesmal dauerte die Nachtwache länger als sonst. Naja, ich habe auch eine halbe Stunde früher angefangen. Schön ist es, wenn es um 6.00 Uhr schon hell wird.

Der Tag ansonsten war auch ereignislos. (Ereignislos = langweilig = positiv). Abends gab es Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Pommes. Lecker. Und Cola. Wir brauchen die Flasche auch dringend für unseren Müll. Und dabei schauen wir eine Folge von “Der letzte Bulle” und regen uns über Mick Brisgau wegen seines 80er-Jahre- Machogehabes auf.

Unseren Müll stopfen wir in leere Cola-Flaschen. So haben wir das Müllproblem an Bord gelöst. Alles wird klein geschnitten und in die Flaschen gestopft. Dann Deckel drauf. So bekommt man große Mengen Müll klein und er ist geruchslos.

21.00 Uhr: Heute haben wir die Wache getauscht. Ich habe am Nachmittag nochmal 2 Stunden geschlafen. Um 19.00 Uhr ging Klaus ins Bett. Ich war bis 22.00 Uhr oben auf der Fly. Ich habe Musik gehört. Ein sagenhaftes Gefühl, dort oben zu stehen. Man kommt sich vor wie Leonardo di Caprio. Ich schaue aufs Meer, der laue Sommerwind umweht mich, der Mond scheint. Das war übrigens auch der Grund für den Wachwechsel. Ich sollte auch mal in den Genuss des Mondes kommen. Bei meiner Wache bisher war er nämlich immer weg. Obwohl erst Halbmond ist, ist es sehr hell. Wir rauschen durch die Nacht, eher mit 8 als mit 7 Knoten. Vorhin kam eine Wolkenbank durch und brachte ein kleines bisschen mehr Wind. Nicht bedrohlich. Immerhin haben wir schon die dritte Nacht den Parasailor stehen.

13. Tag 20.03.2013

20.00 Uhr: Ich sehe mit Helena einen Film im Salon. Plötzlich kommt ein Fisch angeflogen. Ich glaub’s nicht: durchs geöffnete Salonfenster (es war nur eines halboffen, aber da ist er durch). Und direkt bei uns unter den Tisch geschlittert. Bäähh. Ich habe ihn gleich mit dem Kehrschaufel ins Meer zurückbefördert. Ich hoffe, er hat es überlebt. Danach Odor versprüht und Frischluft aus der Dose. Jetzt riecht es penetrant nach diesem Zeug. Naja, besser als nach Fisch. Ab jetzt bleiben die Fenster nachts zu.

Draußen ist alles ruhig. Keine Wolke, Sterne und Mond. Der Wind ist unstet. Wir laufen zwischen 6 und 9 Knoten. 6 und 7 Knoten ist ok, bei 8 und 9 Knoten ist es laut und rumpelig.

14. Tag 21.03.2013

40.000 km sind wir bisher gesegelt. Einmal um die Erde. Das war uns eine Feier wert.

Nachdem wir jetzt tage- und nächtelang mit dem Parasailor gesegelt sind, haben wir wieder auf Groß und Fock gewechselt.  Vor uns ist eine große Wolkenfront. Die sieht zwar nicht furchteinflößend aus, trotzdem haben wir uns zum Wechsel entschlossen. Wir wollen kein Risiko eingehen. Der Segelwechsel findet dann auch in Dunkelheit statt. Das hätten wir etwas früher machen sollen, aber durch den Vollmond hatten wir genügend Licht. Aber man merkt beim Großhochziehen, wie unangenehm es gegen den Wind wäre.

Wie angenehm ist es, mit Parasailor zu segeln. Wir haben direkten Kurs auf unser Ziel und wir schweben durchs Wasser. Mit Groß und Fock können wir nicht direkten Kurs anlegen und es rumpelt und das Groß schlägt von Zeit zu Zeit.

Gestern bei der Nachtwache hörte ich mal wieder “Krieg der Welten”. Vielleicht liegt es an unserer schnelllebigen Zeit: es war fast langweilig zuzuhören. Die Texte sind kurz und sehr lange Musikpassagen. Früher hat mir das nichts ausgemacht, heute würde ich am liebsten ständig vorspulen. Auch beim Musikhören: Lied halb angehört, zack, nächstes Lied. Früher mit Cassetten hab’ ich mir einfach alles angehört, weil das Vorspulen zu kompliziert war. Dafür hatte ich auf den Cassetten aber auch nur die Lieblingsstücke.

15. Tag 22.03.2013

19.45 Uhr: Eigentlich schon 20.45 Uhr, aber wir haben die Uhr wieder eine Stunde zurückgestellt. Meine Nachtwache fängt an. Tagsüber war nicht viel los. Ich bin morgens wachgeworden von Motorengebrumm. Zuerst dachte ich, oje, der Wind ist weg. Aber dann hörte ich, wie Klaus und Kolja den Parasailor setzen. Ich bin nochmal eingeschlafen und um 8.30 Uhr aufgestanden.

Heute noch sagte ich zu Klaus, dass wir gar keine Delfine sehen. Und zwei Stunden später kamen sie. Viele Delfine, aber es war nur ein kurzes Schauspiel.

Kolja hat heute den Supergau. Sein Computer ist kaputt. Geht nicht mehr und das hier auf dem Pazifik. Der arme Kerl, keine Aussicht auf Reparatur für das nächste halbe Jahr. Wir haben alle Apple-Computer an Bord und sind begeisterte Apple-Anhänger. Allerdings lässt die Qualität zu wünschen übrig. Mein Laptop (damals 2 ½  Jahre alt) wurde in New York repariert. Klaus alter Laptop hat schon vor 2 Jahren den Geist aufgegeben. Klaus neuer Laptop (1 ½ Jahre alt) hat rote Streifen im Display. Bei Helena’s (1 ¾ Jahre alt) geht das DVD-Laufwerk nicht mehr. Und Kolja’s (1 ¾ Jahre alt) geht nun gar nicht mehr.

Der Mond scheint mittlerweile wunderbar, man kann bis zum Horizont sehen. Alex von der Rose ist nur noch 100 Meilen vor uns. Die Felice und Luna Blu sind heute von den Galapagos gestartet.

16. Tag 23.03.2013

Am Morgen Segelwechsel. Diesmal von Parasailor auf Groß und Fock. Unüblich. Aber hinter uns kam eine große Wolkenfront. Im Nachhinein hätte man den Parasailor stehen lassen können. Es war zwar mehr Wind, aber der Parasailor hätte das schon ausgehalten. Aber hinterher ist man immer schlauer. Unter Groß und Fock gingen wir einen südlicheren Kurs mit Wind (18 Knoten AWS) und Wellen mehr von der Seite. Später haben wir dann wieder auf Parasailor gewechselt.

17. Tag 24.03.2013

Da ich gestern tagsüber nicht geschlafen hatte, war ich während meiner Nachtwache so müde, dass ich mich auf der Fly mit Fleecedecke zum Schlafen gelegt habe. Das i-Phone auf 20 Minuten gestellt und gedöst. Und das bis 2.00 Uhr. Die Nacht war wolkenlos, der ziemlich volle Mond bescheint das Meer, die wenigen Wolken und lässt die Sterne nicht mehr so leuchten wie in mondlosen Nächten. Mir ging es dann gut mit den 20-minütigen Unterbrechungen, war aber heilfroh, als Klaus mich um 2.00 Uhr abgelöst hat.

Als Klaus heute Nacht die Nachtwache übernommen hat, legte der Wind auf einen Schlag zu und wir hatten oft SOG (Speed over Ground) 10 oder 12 Knoten drauf.

Momentan um 21.30 Uhr haben wir wieder nur um die 9 Knoten Wind und gehen 6.5 – 7.5 Knoten. Es sind heute mal viele Wolken unterwegs und das Radar zeigt ständig gelbe Flecken. Der fast Vollmond scheint die Wolken an.

Den Parasailor haben wir seit gestern Vormittag wieder draußen, auch wenn jetzt viele Wolken am Himmel sind. Seit 10 Tagen haben wir moderate Winde auch wenn eine Wolke über uns zieht. Deshalb fällt die Entscheidung leicht, den Parasailor auch in der Nacht draußen zu lassen. Sonst ist segeln auch kaum möglich. Mit schlagendem Groß in die falsche Richtung?

18. Tag 25.03.2013

Heute Nachmittag war ich gerade am Wäscheaufhängen als wieder Delfine kamen. Zwei große mit zwei kleinen.  Die Delfine blieben lange und machten einige meterhohe Sprünge.

Gestern Nacht war ab 1.00 Uhr mal wieder der Wind weg. Der Parasailor fiel zusammen und ich musste den Kurs um 30° ändern, damit wieder genügend Wind im Tuch war. Da freute ich über jeden kleinsten Squall, so hatten wir für Minuten wenigstens ein bisschen Wind. Als Klaus übernahm, war fast kein Wind mehr. Durch geschicktes Verstellen des Parasailors schaffte er es dann doch noch, zu segeln.

Seit ich die Nachtwache hier angefangen habe segeln wir mit 6 – 7 Knoten. Das ist ordentlich, brauchen wir aber auch, wenn das hier die vorletzte Nachtwache sein soll. Das wäre schon toll, wenn wir nur noch diese und nächste Nacht wachen müssen. Das wäre schön, mal wieder durchschlafen.

1.50 Uhr: 1 Stunde lang sind wir 8.5 – 9.5 Knoten gesegelt. Obwohl auf dem Radar gar nicht viel zu erkennen war, hat eine Wolke viel Wind gebracht. Das ist gut, denn so haben wir mal ein bisschen aufgeholt. Die Ankunftszeit war dann auch gleich in 1 Tag 5 Stunden. Klaus war mal oben und hat geschaut. Bei ihm hörte es sich nach 30 Knoten an. Unten ist es immer dramatischer als oben. Jetzt ist der Wind zurückgegangen auf 10 – 11 Knoten AWS und wir segeln 6 Knoten. Das ist ok.

19. Tag 26.03.2013

Es ist nichts passiert. Ruhige Fahrt, keine Segelwechsel. Vormittag hatten wir mehr Wind und sind 7 – 8 Knoten gesegelt. Gut, so kommen wir vielleicht morgen doch noch bei Tageslicht an. Die Meilen rauschen nur noch so durch, jetzt um 21.20 Uhr nur noch 120 Meilen. Vielleicht sind es am Ende meiner Wache unter 100!

Gerade hat es ein paar Tropfen geregnet. Kolja war oben bei mir gesessen. Seit sein Computer kaputt ist, hat er es schwer. Ihm ist langweilig, dauernd redet er davon, was er jetzt machen würde, wenn er einen Computer hätte.

Jetzt haben wir vorne an den zwei Bügen auch braunen Schleim, ziemlich weit nach oben. Gestern war der noch nicht da. Am Heck sind viele Entenmuscheln, ich hoffe, die fallen von alleine wieder ab.

 20. Tag 27.03.2013 Angekommen!!!

Angekommen! Nach 3000 gesegelten Seemeilen! Es fühlt sich noch nicht echt an. Mir zittern die Knie und es ist ungewohnt unwackelig.

Nachdem der Wind schon in der 2. Nachthälfte geschwächelt hat und tagsüber eher noch mehr abgenommen hat, sind wir mit 4.5 – 5 Knoten dahingezockelt. Um 16.00 Uhr starteten wir die Motoren, so konnten wir die Ankerbucht noch bei Tageslicht erreichen.

Um 15.00 Uhr war “Land in Sicht!”. Langsam schälte sich die Insel als dunkler Fleck aus dem Dunst. Beim Vorbeisegeln entpuppte sich die Küstenlinie als schroffer Bergfelsen mit kargem Bewuchs. Wir saßen alle 4 auf der Fly und konnten es kaum glauben. Kolja war zunächst enttäuscht. Er hat Sandstrände erwartet. Beim Näherkommen sahen wir ein Segelboot in der Bucht. Aber die Bucht sah jetzt nicht SO besonders aus. Uns wurde diese Ankerbucht als schönste Ankerbucht der Welt verkauft. Na, da hat uns wieder jemand einen Bären aufgebunden!

Aber tatsächlich, als wir fast drin waren, entfaltete sich eine fast mystische Schönheit. Eine Mischung aus senkrecht abfallender Felsen, verschiedenen Felsformationen, üppigem Grün, Nebel und Wolken. Ziegen und Kühe auf den Berghängen. Und am Ufer das Dorf mit Kirche, Volleyballfeld und Fußballplatz.

Der Anker hielt erst beim 2. Mal. Der Anker fiel auf 11 Meter und wir haben nun schon 23 Meter unter unseren Kielen. Wegen der berüchtigten Fallböen muss der Anker gut eingegraben sein, andernfalls wacht man vielleicht am nächsten Morgen auf und ist in Hiva Oa.

Während des Ankerns war es nahezu windstill. Wir saßen zu viert auf der Fly und ließen die außergewöhnliche Schönheit des Ankerplatzes auf uns wirken. Die Felsformationen. Samtgrün bewachsene Berghänge. Felsgrate. Wir hoben unsere Gläser und feierten unsere glückliche Ankunft in der Südsee. Wir sind alle wohlauf, der Pacific High geht es gut. Wir haben diese lange Strecke ohne jegliche Blessuren, weder an Schiff oder Mensch, hinter uns gebracht. Dafür sind wir sehr dankbar.