Vor der Punta Limones haben wir einen Tag geankert. Nicht weil die Küste so atemberaubend schön war, auch wenn die üppige leuchtend grüne dschungelartige Uferbewachsung, ein Mix aus Mangroven, Büschen und Bäumen sowie zahlreichen hohen Palmen, uns besser gefallen hat, als die braune karge Gebirgslandschaft im Südosten. Ein Tag Pause tat uns allen richtig gut: Helena und Kolja haben tüchtig für die Schule gearbeitet, Anita konnte ihre leichte Erkältung auskurieren und ich mich von 11/2 Tagen Segeln ausruhen. Kolja hat mit viel Elan sein siebtes Schuljahr begonnen. Ich hatte mir schon lange nachmittags kein Buch mehr geschnappt, mich ins Trampolin gelegt um bei der Lektüre einzudösen: ein wundervoller Nachmittag! Ansonsten war es ein ganz normaler Bordtag: Anita hat zwei Maschinen Wäsche gewaschen, Ich habe ein paar kleine Reparaturen vorgenommen… Abends gab es Helenas und Koljas Lieblingsgericht: angebratenen Schinken Nudeln mit Ketchup und Salat: eigentlich weigere ich mich ja so ein „Junkfood“ zu kochen aber ab und zu… Am Donnerstag sind wir dann von Cayo Limones bis zum Cayo Granada gesegelt. 6:00 Uhr aufstehen, Wetter abrufen, einen starken Kaffee trinken und los geht’s. Was für ein Unterschied zu Vorgestern! Den ganzen Tag über angenehmes Segeln bei kaum Welle und achterlichen Winden bis Mittag um 11kn dann schwächelnd. Wie froh sind wir bei diesen Schwachwindverhältnissen unseren Gennaker zu haben, den Kolja und ich zusammen mit dem Groß setzen. Dank 260m2 segeln wir zuerst mit 8kn, später nur noch 6kn. Unterwegs sehen wir kaum andere Boote und Segler. Zwei kubanischen Fischern winken wir zu, ca. 20sm von der Küste entfernt in einem winzigen max. 3m langen Holz Kahn ohne Motor. Was für ein beschwerliches Leben, außer einem langen anstrengenden Tag auf See, auch noch die Strecke hin und zurück rudern zu müssen! Am Funk hören wir zwei weitere deutsche Segler aus Hamburg und Kiel sowie ein Paar aus Holland. Wir kommen gegen 16:00 Uhr am Pass durchs Riff von Cayo Granada an. Leider ist die Einfahrt wie auch die Ankerbucht von Cayo Granada nicht detailliert in unseren elektronischen Navionics C-Map Karten vermerkt, so dass wir auf „Cuba, A Cruising Guide“ von Nigel Calder zurückgreifen. Im Pass ankert bereits der Holländische Segler und wir versuchen unser Ankerglück in der Lagune. Von den hunderten Ankermanövern in den letzten Jahren hat unser Delta Anker, von ganz wenigen Ausnahmen einmal angesehen, immer beim ersten Versuch guten Halt gefunden. Nicht hier: der dünne und weiche Schlickboden in 7m Wassertiefe bietet nur wenig Halt und nach drei glücklosen Versuchen ankern wir auch im Pass direkt hinter den holländischen Seglern. Nach einem gemütlichen Ankermanöverdrink (Tu-Kola für die Crew, ein Bucanero Starkbier für den Käpt’n) – den haben wir vier uns heute redlich verdient – entsalzen wir die Pacific High, räumen etwas auf, kontrollieren das Motor- und Saildrive- Öl, und fahren zu einem kurzen „Hallo“ zu unseren Ankernachbarn. Zum Abendessen gibt es Thai Curry mit Schweinefilet und kleinen kubanischen Paprika. Die Winde hier an der Südküste Kubas sind wie aus Helena und Koljas Schulbuch. Wir hatten letztes Jahr im Schulunterricht die Entstehung von Wind, Druckunterschieden, Hoch- und Tiefdruckgebieten durchgenommen. Dies wurde am Fallbeispiel von Küstenwinden erklärt. Tagsüber erwärmt die Sonne die Landregionen (in unserem Fall Kuba) schneller und stärker als das umliegende Meer. Die heiße Luft steigt auf und erzeugt so eine Sog der leichte Winde bis 10kn vom Meer Richtung Festland entstehen lässt. Man kann dies auch am Barometer ablesen: um 8:00 Uhr haben wir 1016 hPa, gegen Mittag nur noch 1011 hPa. Nach Sonnenuntergang (an unseren aktuellen Ankerplätzen um 19:00 Uhr) dreht sich das Ganze um (das Land kühlt schneller ab als das Meer) und wir haben die ganze Nacht über Landwinde bis 25kn. Auch das Barometer steigt wieder auf seinen Ursprungswert. Eine tolle Möglichkeit für die beiden ihr gelerntes Wissen in der Praxis bestätigt zu sehen. Am nächsten Morgen stehen wir wieder früh auf und setzten noch vor sieben Uhr die Segel um den günstigen Landwind, der schon die ganze Nacht über geweht hat auszunutzen. Erst segeln wir 60 Grad am (scheinbaren) Wind (27kn), dann fallen wir um 40 Grad nach Backbord ab haben achterliche Winde die sich auf 11kn (scheinbar) abschwächen. Die ganze Zeit laufen wir um die 10kn empfinden die Geschwindigkeit aber ganz unterschiedlich: gegen den Wind empfanden wir die Geschwindigkeit als sehr schnell, mit dem Wind als Schneckentempo: so kann man sich täuschen! Wir sind jetzt mitten in den „Jardines de la Reina“, den Gärten der Königin und segeln durch die beiden Kanäle „Canal de Rancho Viejo“ und „Canal del Pingue“. Wir empfinden es als ein anspruchsvolles Segelrevier. Überall wimmelt es von Riffen, Untiefen, Inseln und Mangrovenwäldern. Dank moderner Technik wie GPS und Chartplotter ist dies aber gut zu bewältigen. Ich versetze mich im Geiste in die Lage der vielen Piraten die hier in diesen untiefen Gewässern Schutz gesucht haben. Wie schwer muss vor einigen Jahrhunderten hier die Navigation gewesen sein und wie kostbar das Wissen um die wenigen sicheren Passagen durch dieses Labyrinth an Riffen und Mangroveninseln. Wir erfreuen uns an dem schnellen Gleiten durch die schmalen aber tiefen Kanäle. Manchmal sind es nur 20m an einem Mangrovengürtel oder einem Unterwasser Riff entlang aber mit 10m bis 15m Wasser unter den Kielen. Das Gefühl im Notfall, zum Beispiel bei einem plötzlichen Windrichtungswechsel, einfach die Motoren starten zu können gibt uns Sicherheit auch da hatten es die Segler früher viel schwerer. Nach der Passage durch die Kanäle hatten wir eigentlich geplant entweder zum Cayo Chocolate (38sm) oder zum Cayo Cuervo (55sm) zu segeln. Die achterlichen schwachen Winde diktieren uns aber einen nördlicheren Kurs zum Cayo Aldogon (48sm) das von unserem Cruising Guide in höchsten Tönen gelobt wird: traumhafte Strände, tolle Riffe mit vielen bunten Fischen und ein rundum geschützter Ankerplatz. Bei nur 7kn achterlichen Winden schleichen wir mit 5 kn dahin. Dies auch nur Dank Gennaker und Groß, aber immer noch besser als die zwei deutschen Segler (Monohulls, haben schon die Segel eingeholt) die wir überholen. Erst die letzte Stunde müssen auch wir, bei völliger Windstille, motoren. Die Einfahrt in die Mangrovenbucht von Cyayo Algodon ist aufregend aber eigentlich unspektakulär, da unsere elektronischen Karten wieder einmal zu ungenau sind. Wir ankern neben einem kanadischen Segler der uns kurz darauf freundlich besuchen kommt, später treffen noch die beiden deutschen Segler ein. Abends gibt es die zweite Hälfte vom Thai Curry mit mehr Kokosnuss Milch verdünnt, der Crew war es gestern zu scharf…
Noch ein Nachtrag: vor einigen Tagen haben Helena, Kolja und ich, während dem Segeln vor der kubanischen Südost Küste, kurz vor Sonnenuntergang unseren ersten Pottwal gesehen. Er tauchte ca. 200m neben der Pacific High auf und blieb ca. eine Minute an der Oberfläche um zu atmen und tauchte dann wieder in die Tiefen des karibischen Meeres hinab (hier vor Kuba bis 7200m tief). Wir konnten genau seinen Blas beim ausatmen der Luft erkennen und seinen eckigen Kopf. Der Wal war deutlich länger als die Pacific High, ich habe ihn auf 25m geschätzt.