Wir werden am Dienstag Morgen gegen 6:30 Uhr wach und überprüfen noch einmal das Segelwetter im Internet und machen uns einen Kaffee bzw. Tee und die Pacific High klar zum auslaufen. Um 8:00 Uhr segeln wir unter Fock und Motor zum Hafen hinaus. Genau vor den Wellenbrechern wo die Fahrtrinne am engsten ist, kommt uns der 300m lange Containerfrachter Maersk Diametta entgegen. Wir funken kurz mit dem Frachter bzw. mit dem Pilot Boat, reduzieren unsere Fahrt auf 4kn und fahren steuerbordseits aus der Fahrtrinne um dem riesigen Frachter Platz zu machen. Hinter den Wellenbrechern versuchen wir zuerst unter Groß und Foch zu segeln, setzen dann aber doch den Parasailor (Spi). Das bedeutet ungefähr eine Stunde Segelmanöver für Anita und mich bis wir Groß und Fock gerefft und den ca. 200qm großen Parasailor gesetzt haben. Es hat sich aber gelohnt, denn ab 10:20 Uhr zieht uns der Parasailor mit durchschnittl. 10kn Richtung West Palm Beach. Wir gönnen uns einen gemütlichen Cappuccino auf der Fly: nichts ist angenehmer als Spi-Segeln! Wir müssen nur darauf achten immer am äusseren Rand des Golf Stroms zu bleiben um nicht unnötig von ihm gebremst zu werden. Der Wind schwankt 14kn bis 20kn AWS. Die Pacific High erreicht öfters im Surf die landen Wellen hinunter 15kn – das macht Spaß! Unsere absolute Top Geschwindigkeit für heute erreichen wir um 11:30 Uhr mit 15,8kn. Wir können eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 10kn bis in die Nacht hinein halten. Der Käpten kann sich mit seiner Entscheidung den Spi auch während der Nacht oben zu lassen durchsetzen. Ich übernehme auch die erste Wache und habe gleich einen netten Funkkontakt mit der Crew der Madam X die auch nach West Palm Beach segelt. Um 1:30 Uhr löst mich Anita ab von der Nachtwache ab und wir bergen den Parasailor und setzen Groß / Fock der Wind wie vorausgesagt langsam auf NE dreht. Gegen 2:15 Uhr ist das Manöver geschafft und ich lege mich müde ins Bett. Kaum eingeschlafen werde ich von wildem Segelschlagen um 3:30 Uhr wieder geweckt: der Autopilot hatte sich ausgeschaltet und die Pacific High eine Pirouette gedreht. Wir gehen wieder auf Kurs und schlafe durch bis zum Morgen. Um 8:00 Uhr nach 24 Std. segeln haben wir ein erstes Etmal von rund 200sm erreicht. Den ganzen Tag über bleiben wir im ersten Reff und schnellem aber ruppigem Segeln. Wir haben immer noch steile Wellen bis 4m und Winde von 25kn bis 30kn. Dafür aber viel Sonne und recht warm. Am Abend unserer zweiten Nachtfahrt übernimmt Anita die erste Wache. Ich werde schon um 22:00 Uhr wieder vom Windalarm geweckt der permanent piept. Dabei hatte ich ihn auf 30kn plus gestellt. Mich hält es nicht mehr in der Koje, nicht das ich besorgt bin und / oder zu Anita, die auf die Fly wache hält, kein Vertrauen habe. Nachts bei Winden über 30kn und Wellen um 4m ist es sicherer zu Zweit zu sein. Natürlich haben wir beide unsere Rettungswesten und die Lifetags von Raymarine an (GPS basierendes Ortungssystem im Falle dass einer von uns (oder beide) über Bord geht. Rund um Cape Canaveral haben wir 3 Stunden lang über 30kn Wind mir Böen bis knapp 40 kn. Um ca. 2:00 Uhr nachts reicht uns die wilde Fahrt (wir segeln ständig 2-stellig und krachen dabei ordentlich in die steile See )und setzen das zweite Reff in Groß und Fock. Prompt nimmt der Wind ab und bleibt unter 25kn. Dank der schnellen aber auch anstrengenden Segelei ankern wir bereits um 12:30 Uhr im Hafen von West Palm Beach. Es ist warm, die Sonne scheint, wir ruhen uns aus und trinken gemütlich Kaffee…
Kategorie: Allgemein
26.10.2011 Charleston
Wir wollten die Strecke New York – Charleston in einem Stück hinter uns bringen. Die Zeit drängt, für die Chesapeake Bay und das wunderschöne Annapolis sind wir zu spät dran. So segeln wir die 800 sm in einem Stück. Anfangs war es etwas ruppig, da zwar der Wind von schräg hinten kam, aber die Wellen durch den vorhergegangenen Sturm noch von seitlich vorne. Wir kämpften uns durch und nach 4 Tagen und Nächten kamen wir in Charleston an. Eigentlich hatten wir schon im Juli für den gesamten November im Charleston Maritim Center einen Liegeplatz gebucht. Bei unserem letzten Telefonat von New York aus wollten sie aber plötzlich für den Liegeplatz den doppelten Preis haben. Das war uns dann doch zu teuer. Deshalb blieben wir nur etwa 10 Tage in Charleston und ankerten vor der CityMarina.
Mit unseren Fahrrädern machten wir viele Ausflüge in das immer noch wunderbare Charleston. Wir beide mögen die Stadt sehr und es gibt immer wieder tolle Sachen zu entdecken. Während wir in Charlston im T-Shirt auf der Pacific-High in der Sonne im Cockpit Kaffee trinken, lesen wir im Internet, daß es in New York schneit. Der früheste Wintereinbruch seit Menschengedenken, da haben wir Glück gehabt, dass wir uns gerade noch rechtzeitig auf den Weg hierher gemacht haben.
Die Winde in Cooney Island frischen wie vorhergesagt auf und es wird uns zu ungemütlich / unsicher in der Sheepshead Bay. Wir verlegen uns für die letten tage in die geschütztere Greatkills Bay auf Staten Island. Während der Überfahrt gegen 40kn Wind und Welle werden wir selbst auf der Flybridge klitschnass. Es bleibt dir nächsten Tage stürmisch und wir nutzen die erste Gelegenheit Richtung Süden zu segeln am Freitag, sobald sich die Winde auf 25kn abgeschwächt haben. Wir lösen um Punkt 8:00 Uhr Morgens unsere Leinen von der Mooring. Nachdem wir, natürlich wieder einmal bei Ebbe, die flache Einfahrt zur Greatkills Bay auf Staten Island hinaus motort sind, setzen wir Groß (1tes Reff) und Fock und segeln mit günstigen Winden zum Hafen von New York hinaus. Alle vier sitzen trotz gefühlten max. 10 Grad bei wolkenlosem klarem Himmel auf der Fly und genießen einen letzten Blick auf die New Yorker Skyline, die in der Morgensonne funkelt. Es werden viel schöne Erinnerungen ausgetauscht, z. Bsp. das Gänsehautgefühlt im Sommer letzten Jahres als wir zum ersten Mal unter der Verazzano Bridge hindurch gesegelt sind. Jeder erzählt von seinen „Highlights“ von New York: von den vielen bedeutenden Museen (allen voran das Moma), vom Ruderboot- und Fahrrad-fahren im Central Park, dem Empire State Building, vom U-Bahn fahren, den ruhigeren Stadtteilen Soho und Chelsea, aber auch vom „Toys `R Us „ mit Riesenrad am Time Square… Kaum sind wir um Sandy Hook herum auf offener See frischt der Wind weiter auf und bis auf eine Segelwache verziehen sich alle wieder in den warmen Salon. Wir haben eine unangenehme raue Kreuzsee die Küste von New Jersey hinunter. An Schule ist bei diesem Schlagen und Wackeln nicht zu denken. Wir lesen viel (Kolja hat die 5 Freunde Bücher für sich entdeckt), spielen zusammen Karten oder schauen einen Film. Dafür werden wir mit schnellem Segeln belohnt und legen, trotz gut 1kn Strömung gegen uns, in den ersten 10 Stunden 85sm zurück. Das Barometer ist im Laufe des Tages auf 1013hPa gestiegen, das schöne Hochdruckwetter scheint uns erhalten zu bleiben. Wir haben eine relativ ruhigen Nacht, nur die Kreuzsee macht uns weiterhin zu schaffen. Anita hat von Mitternacht bis 5:30Uhr morgens den Löwenanteil der Nachtwache übernommen. Ab und zu, wenn sich zwei Wellenberge unter der Pacific High treffen, gibt es einen riesigen Schlag / Krach, aber natürlich ist nichts passiert und unser braves Schiff segelt seelenruhig weiter. Gerade bei dieser unangenehmen Kabbelsee habe ich wieder dieses Gefühl, dass unser Schiff viel mehr „abkann“ als seine Besatzung. Gegen Mittag am zweiten Tag hat sich der Wind deutlich abgeschwächt. Wir sin bisher 185sm weit gesegelt, es bleiben uns noch 155sm bis Cape Hatteras. Wir werden wohl das Kap Morgen nicht mehr im Hellen erleben. Das Barometer ist weiter auf 1020 hPa gestiegen. Um 17:00 Uhr zum Sonnenuntergang habe wir Schäfchenwolken am Himmel, immer noch 17,5 Grad Aussen- und 27,5 Grad Innen-Temperatur und sind 201sm gesegelt. Nach dem Wind hat sich jetzt auch das Meer beruhigt.
Es gibt Schweinefilet mit brauner Peffersauce, Grits u. Nudeln, Caesar Salat mit frischen Paprika zum Abendessen. Anita legt sich gegen 19:00 Uhr mit Kolja in die Eignerkabine um zusammen einen Film zu schauen, ich übernehme die erste Wache bis 01:00, dann ist Wachablösung und ich kann mich lange ausschlafen, denn Anita harrt bis 7:30 Uhr aus! Es ist ein ruhiger Morgen an unserem dritten Segeltag, der Himmel größtenteils bedeckt und Wind zwischen 5kn und 10kn AWS. Kolja ist schon früh zu mir auf die Flybridge gekommen und hat sich neben mich in eine Decke gekuschelt. Wir spielen Quartett zusammen und reden über Gott und die Welt. Zusammen reffen wir das Groß und Fock aus, nachts sind wir sicherheitshalber im 1.ten Reff gesegelt. Zuerst laufen wir 6,5kn mit etwas Motorunterstützung, dann frischt der Wind wieder etwas auf (8-12kn) und wir laufen bis 7,5kn ohne Motor – vielleicht schaffen wir es ja doch noch bei Tageslicht bis Cape Hatteras. Wir sind zwar langsamer als am ersten Tag segeln aber es ist auch viel gemütlicher und angenehmer. Bei diesen Wetterverhältnissen (bis 20kn Wind und 1m bis 2m Welle) leben wir „ganz normal“ an Bord, praktisch als würden wir vor Anker liegen.
Um kurz nach 13:00 Uhr sehen wir seit langem endlich wieder Delfine. Wir alle vier springen gleichzeitig auf, rennen zum Bug und freuen uns um die Wette! Was haben wir Euch vermisst! Ab Cape HAtteras werden wir nun mehrfach täglich von Delfinschulen besucht. Ob sie wohl den Fischschwärmen im Golfstrom folgen und wir deshalb keine Delfine im Norden der Ostküste gesichtet haben? Wir wissen es nicht. Gegen 16:00 Uhr funkt uns die “Entertainer” an, ein 70ft Monohull um mit uns zu chatten. Es ist eine reine Männercrew die auch Richtung Süden segelt, Endziel Fort Lauderdale. Wie erhofft erreichen wir Cape Hatteras noch im letzten Sonnenschein und umrunden es um 18:00 Uhr.
Es ist eine traumhafte, mystische Abendstimmung als wir den alten seit langem nicht mehr aktiven Leuchtturm im Sonnenuntergang erblicken über dem kurz darauf ein kräftiger farbiger Regenbogen erscheint als es leicht zu nieseln anfängt. Wir genießen das Spektakel zusammen mit Kolja von der Fly und reffen dann das Groß und motoren unter Fock weiter in die Nacht. Nach dem Abendessen (Kürbissuppe, Spaghetti Bolognese mit Salat übernimmt Anita die erste Wache. Ich löse Sie um 1:15 Uhr ab. Ich spüre glich, dass wir Cape Hatteras hinter uns gelassen haben: die Nacht ist 20 Grad warm und feucht, der Himmel teilweise bedeckt, es funkeln aber auch immer wieder viele Sterne vom Firmament. Um 2:00 Uhr nachts sind wir 385sm gesegelt und haben noch 30sm bis Cape Lookout. Ich sitze auf der Fly als ich etwas im Wasser platschen höre. Im Licht der Taschenlampe sehe ich eine Delfinschule die sich mit hoher Geschwindigkeit der Pacific High nähert. Sie springen teilweise weit aus dem Wasser und ich kann sie auch etliche Meter Unterwasser im Licht der starken Taschenlampe noch verfolgen. Ich funke noch einmal die funke ich die “Entertainer” an und wir tauschen Wetterinformationen aus und chatten lange. Am frühen Morgen hat der Wind wieder etwas aufgefrischt: 10kn bis 16kn AWS schräg von hinten: wir setzen den Gennaker und es herrscht wieder Ruhe an Bord. Lautlos gleiten wir mit gut 7kn in den Sonnenaufgang. Es bleibt den ganzen Tag bei diesem ruhigen Segelwetter bis wir um 16:00 Uhr von Gennaker auf Groß / Fock wechseln, da der Wind jetzt aus 70 Grad weht. Wir segeln jetzt mit gut 8kn und sind bereits um 18:30 Uhr am Cape Fear. Wir habe weiterhin Hochdruck mit1016 hPa, die Luft ist angenehme 21 Grad warm und die Wassertemperatur beträgt 24,5 Grad. Das schöne wolkenlose Wetter bleibt uns die ganze sternenklare Nacht und den letzten Segeltag über erhalten. Der Wind legt stetig zu (bis gut 30kn TRUE) und wir werden immer schneller (10kn plus). Es haben sich steile max. 3m hohe Wellen gebildet di aber nicht unangenehm sind, da sie von achtern kommen. Gegen 12:30 Uhr erreichen wir die Wellenbrecher an der Einfahrt in den Hafen von Charleston genau zu Beginn der einlaufenden Flut und können bis zu unserem Ankerplatz vor der City Marina von Charleston segeln. Was für ein schöner Ausklang unserer gut 4-tägigen Reise!
Nachdem meine Eltern wieder den Heimweg angetreten haben, bleiben wir noch in unserer Sheepshead-Bay in Brooklyn vor Anker liegen. Wir wissen die Annehmlichkeiten des russischen Supermarktes zu schätzen, wo man täglich German Bread, das auch wirklich so schmeckt, kaufen kann. Außerdem kann ich mich immer schlecht von New York trennen: über 5000 Hochhäuser, mehr als 180 Sprachen und die wahrscheinlich einzige Stadt in den USA, in der die Amerikaner zu Fuß gehen. Fast jeden Tag sind wir Downtown gefahren, es gibt einfach zuviel zu sehen in dieser Riesenstadt. Und als wir dann endlich soweit waren in Richtung Süden zu segeln, stimmt der Wind nicht mehr. Aber wir haben auch so genug an Bord zu tun. Als allerdings der Wind zu sehr auffrischte und die Böen durchschnittlich 30 – 35 Knoten betrugen, war uns an unserem Ankerplatz dann nicht mehr so wohl. Zu tief das Wasser und zu eng das Wasserbecken. Zwei Eigenschaften, die sich zum vernünftigen Ankern widersprechen. So entschieden wir uns, die Pacific High nach Staten Island zu verlegen. Leider mussten wir dort eine Boje nehmen, da es keinen Platz zum Ankern gibt. Aber dafür konnten wir bei 40 Knoten Wind beruhigt schlafen.
In dieser Zeit ereicht uns die schreckliche Nachricht. Unser Seglerfreund Stefan wurde unter furchtbaren Umständen in der Südsee ermordet. Obwohl ich Stefan nicht persönlich kannte, stand ich seit über zwei Jahren in E-Mail-Kontakt mit ihm. Durch die vielen Mails ist er mir zu einem Freund geworden und ein gemeinsames Treffen in der Südsee war fest ausgemacht. Das ist nun nicht mehr möglich. Plötzlich steht unsere ganze Reise in Frage. Wollen, können wir in die Südsee segeln?
Stefan’s Tod wirft mich aus der Bahn. Die Südsee hat ihren Zauber für mich verloren.