Zu Beginn unseres gestrigen Ausfluges hatten wir auch am Touristenbüro in Atuona halt gemacht. Wir konnten von dort telefonisch einen Geländewagen reservieren, mit dem wir heute eine Tour quer über die Insel machen wollen, zum nordöstlichen Inselende nach „Puamau“ wo die bedeutendste Tiki Fundstelle der Marquesas liegen soll. Pünktlich um 8:00 Uhr wird uns der Geländewagen ans Pier neben der Pacific High gebracht. Der Papierkram ist schnell erledigt. Neugierig auf das was uns wohl im Inselinneren erwartet, folgen wir zunächst der betonierten Küstenstraße. Bald geht es in engen Serpentinen den Hang empor. An jeder Spitzkehre offenbart sich uns ein Panoramablick auf die Buchten der Südküste und den Pazifik. Bis zum Flughafen, der auf einem Hochplateau in mitten der Berge von Hiva Oa liegt, ist die Straße asphaltiert. Ab der Abbiegung zum nördlichen Küstenort Hanaiapa aber nur noch Schotterstraße. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich: von tropischem Urwald,
über blühenden Büschen folgen wir jetzt Pinienwäldern entlang der Straße. Hatte ich mir so auf den Marquesas in Äquatornähe nicht vorgestellt, wir befinden uns allerdings auch in 1200m Höhe. Oft folgt der Weg den Bergkämmen mit dementsprechend grandiosen Ausblicken sowohl auf die Nord- als auf die Südflanken der Insel. Wir haben wieder ein Riesenglück mit dem Wetter: es ist einer der klarsten und wolkenärmsten Tage, die wir auf den Marquesas erleben. Meistens fährt man in dieser Höhe in den Wolken und hat im Nebel gerade mal 50m Sicht. Wir halten oft an um ein Stück zu laufen oder auch nur den Ausblick zu geniessen und essen unseren leckeren Baguettes mit frischer Gurke und Tomate, die wir noch an Bord vorbereitet hatten. Helena und Kolja finden die Ladepritsche unseres Toyota Pickup FourCabin cool und wollen „draußen“ weiterfahren. Auf der Ladepritsche stehend und sich an dem Bügel des Fahrerhauses festhaltend hören wir die beiden vergnügt lachen und singen – sie bleiben von nun an dort bis wir den Wagen wieder abgeben. Steil geht es den nördlichen Bergrücken wieder hinunter zum Küstenörtchen Nahoe.
Die Straße ist jetzt mehr eine einspurige staubige Piste für Allradfahrzeuge geworden. Leitplanken oder ähnliches sind Fehlanzeige. Zum Glück ist der Verkehr spärlich und wenn, haben wir das Glück entgegenkommenden Fahrzeugen – darunter drei schwere LKW’s – immer an Ausweichstellen zu begegnen. Die Landschaft an der regenarmen Nordküste hat sich komplett verwandelt: die Hänge sind staubig rotbräunlich gefärbt, mit vielen markanten Felsvorsprüngen. Vegetation wächst nur noch spärlich, außer in den Talsenken in denen sich, Oasen gleich, üppig grüne Palmenhaine und Obstgärten abwechseln. Diese kontrastreiche Landschaft macht den Reiz der Nordseite von Hiva Oa aus. Heute ist definitiv der Weg das Ziel, wir sind begeistert von unserer Fahrt. Irgendwann lege ich den Allradantrieb ein, man kommt zwar auch Frontgetrieben voran aber mit dem Allrad ist die Traktion und das Gefühl für den Weg deutlich besser. Helena und Kolja stehen immer noch auf der Ladepritsche, trommeln manchmal rhythmisch aufs Kabinendach und kreischen wenn es wieder mal besonders holperig ist. Nach drei Stunden Fahrt erreichen wir schließlich das östlichste Örtchen der Insel „Puamau“. Wir müssen fragen um den Weg zur Tiki Fundstelle zu finden, Hinweisschilder gibt es nicht.
Schließlich finden wir Ipona, die größte historische Kultstätte der Marquesas, mitten im Urwald. Auf drei großen Terassen sind acht Statuen, sogenannte Tikis, aufgestellt. Mit 2,43 Metern ist Tiki Takai der Eindruckvollste, der Schutzgeist des Tales. Tiki bedeutet übersetzt Mann, Mensch. Dem Tiki daneben fehlt der Kopf und der liegt in einem Museum in Berlin. Karl von den Steinen, ein Ethnologe, hat um die Jahrhundertwende diese Kultstätte entdeckt und hat den Kopf nach Berlin verfrachten lassen. Vielleicht nicht gerade sehr feinfühlig, allerdings verdanken wir ihm auch die akribische Beschreibung der Tätowierungen der Marquesaner. Ohne diese wären die kunstvollen Muster für immer verloren gewesen.
Auf der Kultstätte war jede Menge los, eine Gruppe Einheimischer besuchte ebenso wie wir Ipuna. Auf unsere Frage, wie alt diese Kultstätte sei, konnte uns jedoch niemand eine Antwort geben.
Am späten Nachmittag erreichen wir das andere (westliche) Ende von Hiva Oa und besuchen noch das Örtchen Taaoa mit seiner schönen Kirche und einer alten Versammlungsstätte. Auf dem Rückweg besuchen wir noch die Grabstätten von Paul Gaugin und Jacques Brel. Auch sie sind auf einem Friedhof gelegen, der oberhalb von Atuona auf einem Hügel mit vielen blühenden Bäumen und Büschen und grandiosem Blick auf den Pazifik liegt. Man muss seinen teuer bezahlten Mietwagen ja ausnutzen (Scherz!).