Kategorien
Allgemein

02.04.2013 Noch eine Radtour auf Hiva Oa

Man lernt ja angeblich aus seinen Fehlern (Scherz!): so folgen wir heute auf unserer neuerlichen Erkundungstour strikt betonierten Straßen. Unser erster Weg führt zur Gendarmerie zum Einklarieren: was für eine Wohltat nach der teuren und umständlichen Prozedur in Panama und auf den Galapagos. Die Beamten sind freundlich, einer singt uns sogar ein Lied vor, helfen uns beim Ausfüllen einer einzigen Formularseite… und das Ganze ist kostenlos! Nach 10 Minuten haben wir bereits einklariert. Quer über die Straße liegt das Postamt in dem wir unsere Einklarierung persönlich in die Hauptstadt Papeete schicken müssen. Es geht hier zu wie ich es mir in einem deutschen Postamt auf dem Land in den 60erJahren vorstelle: hinter einem alten Tresen stehen drei Postangestellte. Zwei ältere Damen und ein gütig dreinschauender grauhaariger Postbeamter. Er ist der einzige der hier wirklich arbeitet, die Damen haben Wichtigeres zu tun: sie müssen den täglichen Tratsch und Ratsch, aufnehmen, bündeln und weiterverteilen. Ich meine das ohne Ironie und höre dem angeregten Geplapper interessiert zu. Da ist zum Beispiel die ältere Dame, deren Kätzchen krank ist und die ihre Nichte auf der Hauptinsel Nuku Hiva unbedingt davon in Kenntnis setzen muss. Alle Anwesenden nehmen Anteil an dem Katzenschicksal und es braucht daher seine Zeit bis sich herausstellt, dass die Nichte gar keinen Telefonanschluss besitzt. Kein Problem: der Schwager der Schwester einer Kundin direkt neben mir, wohnt auf Nuku Hiva, ganz in der Nähe der Nichte. Sie ruft in kurzerhand an und bittet ihn um Mithilfe. Kein Problem: dieser steigt gleich in sein Auto und fährt zu der Nichte. Bevor ich noch meine 40cent Briefmarke in Händen halte hat der Schwager die Nichte erreicht, ihr sein Handy ans Ohr gehalten und jetzt kann die alte Dame glücklich ihr von dem kranken Kätzchen erzählen!

Wir radeln weiter durch Atuona und entdecken auf unserem Weg einige Läden, die allen möglichen Krimskrams des täglichen Bedarf verkaufen, zwei Supermärkte und die schon gelobte Bäckerei mit den leckeren Baguettes. Wir haben von dem alten Friedhof gehört, der malerisch oberhalb des Örtchen gelegen sein soll, und möchten uns diesen anschauen. Nach der Brücke biegen wir rechts ab und fahren das weite Tal im Norden von Atuona hinauf. Wir sind begeistert, was für ein idyllisches Fleckchen Erde! Neben der Straße schlängelt sich ein Bach durch Wiesen, Bananenplantagen und  Palmenhaine. Die Vegetation ist mal üppig und wild, dann reihen sich gepflegte Vorgärten mit bunten Blumenrabatten und penibel geschnittenen Rasenflächen aneinander. Die Straße wird immer steiler. Wir müssen absteigen und schieben, eine schweißtreibende Angelegenheit! Dabei kommen wir mit Jacques ins Gespräch, einem Bildhauer der Holzstatuen schnitzt. „Was wir hier nur suchen“, erkundigt er sich, “die Straße ist gleich hinter der nächsten Kurve zu Ende“. „Den alten Friedhof“, erklären wir ihm und er zeigt uns lächelnd den Weg. Wir hätten vor ca. 2km links abbiegen müssen – dumm gelaufen, haben wir uns völlig umsonst hier den Berg hinaufgerackert. Schilder oder Wegbeschreibungen gibt es nicht, so können wir nur hoffen diesmal die richtige Abzweigung genommen zu haben. Der Weg ist schmaler und noch steiler als die Straße. Wir müssen immer öfter anhalten und im Schatten großer Mango Bäume verschnaufen. Es ist ein wunderschöner sonniger Tag mit nur wenigen Cumulus Wolken, ideal zum fotografieren, aber auch irre heiß! Irgendwann reicht es mir und ich rufe Anita zu: „diese Steigung noch, wenn wir von dort den Friedhof nicht sehen können kehren wir um“. Doch das Schicksal spielt mit uns. Von der Anhöhe, die wir erklommen haben, können wir den Friedhof natürlich nicht sehen, aber der Weg wieder eben und verleitet und doch weiter zu radeln. So lassen wir uns mehrmals zum weiterradeln verführen, obwohl wir eigentlich längst die Nase voll haben. Irgendwann stehen wir vor einem hübschen Haus mit anliegenden Gemüsegärten und einem langen Holzrost auf dem unzählige Kokosnüsse trocknen. Die Dame des Hauses fegt gerade den Innenhof und freut sich über mein Kompliment über das schöne Anwesen und den tollen Blick auf die Bucht von Atuona. Sie bedankt sich mit einem freundlichen Lächeln, meint aber von dem alten Friedhof direkt oberhalb ihres Hauses wäre der Ausblick noch schöner: kaum zu glauben, wir haben ihn doch noch erreicht! Der Friedhof ist wirklich verfallen und ungepflegt. Das Gras wächst kniehoch zwischen den Gräbern. Dadurch hat der Friedhof, selbst jetzt in der grellen Mittagssonne, etwas mystisches, mit seinen verrosteten gusseisernen Kreuzen und den eingefallenen steinernen Grabstätten. Durch die Löcher und Risse kann man teilweise noch die alten Knochen und Gebeine der Toten sehen. Wir entdecken auch zwei Tiki und einen Wasserhahn mit frischem kühlen Quellwasser: was für eine Wohltat sich das kühle Nass über Kopf und Nacken rinnen zu lassen! So erfrischt überlegen wir doch noch unseren Weg weiterzuverfolgen auch wenn dieser nur noch aus zwei Fahrspuren besteht, die von einem Jeep oder Traktor stammen. Sicherheitshalber frage ich bei der netten Dame noch einmal nach und sie bestätigt mir mit wildem Kopfnicken, dass dieser Weg immer am Hang entlang zurück ins Tal führe. Es wird ein traumhafter zweiter Abschnitt unseres heutigen Ausfluges. Der Weg führt an verwilderten Wiesen entlang, durch dichten tropischen Wald, Bananen und Mango Plantagen. Wir durchqueren einen Bach und haben immer wieder grandiose Ausblicke auf die umliegenden steilen Berge, das Tal und das Meer…