Kategorien
Allgemein

02.08.2014 Noch mal Glück gehabt!

10 Tage ankern wir jetzt in der Bucht von Pago Pago. Wie schon beschrieben ist der Ankergrund nicht gerade der Beste und wir haben schon viele Segler slippen sehen, wenn der Wind mit über 20kn bläst. Wir hatten bisher Glück, unser Anker scheint zu halten, zumindest haben wir uns laut GPS bis zum heutigen Samstagnachmittag um keinen Meter bewegt. Wir haben 100m Kette draußen und den Anker gut eingefahren, fühlen uns auch angesichts der für heute Nacht kräftigen Winde sicher. Dumm ist nur, dass gerade jetzt unser Windmesser ausgefallen ist. Scheint ein Leiden bei Raymarine zu sein. Es dringt Feuchtigkeit in den Stecker der den Windmesser am Mast befestigt, dieser oxidiert und die Verbindung ist gestört: in unserem Fall wird zwar noch die Windrichtung, aber nicht mehr die Windstärke angezeigt (anders herum wäre es mir lieber). Dummerweise ist die Steckverbindung in 26m Höhe, bei 30kn Wind an eine Reparatur nicht zu denken.

Es wird dunkel, wir vier spielen Karten im Salon. Der Wind wird immer stärker. Ich scherze noch und erkläre, dass der Käpten sich jetzt in die Koje schlafen legt. Das ist ein „Running Gag“ bei uns an Bord, meine Crew behauptet dass in brenzligen Situationen der Käpten immer schläft oder gerade auf der Toilette ist. Es zieht ein Squall über uns hinweg, der Regen peitscht horizontal gegen die Salon Fenster: da bemerke ich es als Erster: wir slippen – und wie schnell wir slippen! Es genügt ein kurzer Ruf „Wir slippen, der Anker hält nicht mehr!“ und schon springen alle vier auf. Während ich auf die Flybridge stürme, startet Kolja die Motoren und schaltet die Elektronik ein. So kann ich gleich Gas geben und unsere Rutschpartie stoppen bevor wir die dicke Tonne oder einen anderen Segler zu nahe kommen. Anita und Len stehen schon auf dem Vordeck und haben den Anker klar zum Aufholen gemacht. h1 Das ist leichter gesagt als getan denn, wie wir später von der „True Blue“ erfahren bläst es jetzt mit 45kn. Mittlerweile ist es ganz dunkel geworden, die Sicht bei dem peitschenden Regen gleich Null. Kolja und Ich versuchen zusammen die Pacific High im Wind zu halten und die Ankerkette zu entlasten während Anita und Len vorne kämpfen diese einzuholen. Trotz 2x 75PS machen die Böen mit der Pacific High was sie wollen. Die Ankerwinsch dreht sich elendig langsam und 100m Kette sind verdammt lang. Innerhalb weniger Minuten sind wir von Kopf bis Fuß klitschnass und bibbern vor Kälte: die 25 Grad fühlen sich bei dem Wind und Regen eher wie 10 Grad an. Ähnlich wie bei unserem Windmesser ist dieser Regen auch für unseren Ankerkettenzähler zu viel: ohne Vorankündigung hat er einen Kurzschluss, das Display erlischt und… die Kette rauscht wieder in die Tiefe! Kolja springt geistesgegenwärtig zum Sicherungspanel und schaltet die Sicherung des Zählers ab – Gott sei Dank ist dieser (wie jedes Gerät an Bord) einzeln abgesichert, das heißt wir können die Ankerwinsch auch ohne ihn bedienen. Geschätzte 40m Kette, die wir gerade mühevoll hinaufgezogen hatten, gehen so verloren! Ich fluche laut vor mich hin (hören kann mich bei dem Sturm sowieso keiner) während die Crew am Bug weiter kämpft. Ich kann nicht genau sagen wann es war, ob nach einer halben Stunde oder später (die ganze Aktion dauerte zwei Stunden), irgendwann bitte ich Kolja , die beiden vorne zu unterstützen und Anita, die sich mit unserem Ankergeschirr am besten auskennt, soll einmal in den Ankerkasten schauen ob die Ankerkette sich sauber auf schlichtet. Als Sie den Ankerkasten öffnet kommt Ihr Rauch entgegen: unsere Ankerwinsch glüht, es stinkt verbrannt und der Elektromotor qualmt. Gegen Wind und Regen brülle ich neue Kommandos. Wir haben dieses Szenario vor langer Zeit besprochen: eine kräftige Leine liegt griffbereit, dazu ein Schnappschekel. Kolja verlegt die Leine von der Ankerkette über das Kabinendach zur Steuerbord Genua Winsch. So können wir über die Winsch immer 2-Meter weise die Kette auffieren und die Ankerwinsch entlasten. Leider haben wir völlig den Überblick verloren wie viel Kette noch draußen ist. h2Obwohl Anita und Kolja ein fantastisches Team bilden und nach wenigen Umläufen einen super Rhytmus drauf haben, dauert mir das ganze mir zu lang: wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem unsere Kräfte schwinden? Ich rufe Helena zu, Sie soll vom Salon aus auf Kanal 16 die anderen Segler im Ankerfeld um Hilfe bitten. Viele von Ihnen haben bestimmt selber Probleme, ob ich bei diesen Wetterbedingungen mein Schiff verlassen würde? Doch schon kurze Zeit später kommen zwei Dinghis auf die Pacific High zugeschossen. Das lenkt mich ab, so dass mich ein lauter Rumps am Bug mich völlig überrascht. Es dauert ein paar Sekunden bis ich es begreife: das war unser Anker – er ist oben!!! Während unsere Helfer in der Not an Bord kommen gebe ich Vollgas: die größte Gefahr ist erst einmal gebannt! Für mich steht fest, dass wir bei dem Sauwetter kein weiteres Ankermanöver riskieren, sondern gleich an einem der Hafenschlepper am Pier festmachen. Auch James von der „True Blue“ teilt meine Meinung. Obwohl das Tugboat in der Abdeckung der großen Containerschiffe liegt gestaltet sich das Anlegemanöver als haarig. Strömungswirbel, plötzliche Böen aus allen Richtungen und die schlechte Sicht machen es uns nicht leichter. Dank unserer neuen Helfer liegt die Pacific High aber kurze Zeit später sicher vertäut längsseits und wir können endlich aufatmen. Viel Zeit zum feiern bleibt nicht, unsere Helfer wollen schnellstmöglich zurück auf die eigenen Boote. Unser Dank gilt James und Donald von der „True Blue“ (eine Oyster66) und ganz besonders Alex und seinem Vater John von der „Exodus“ (eine Lagoon 400) die, obwohl sie selbst am Nachmittag geslipped, uns zu Hilfe geeilt sind! Zwei weitere Boote wollten uns zur Hilfe kommen, darunter die „Moonjoos“ deren Außenborder aber leider nicht anspringen wollte, auch an sie vielen Dank!

So langsam kehrt wieder Ruhe ein auf der Pacific High – auch die innere Ruhe. Jetzt werden wir endlich die nassen Klamotten los, rubbeln uns mit Handtüchern trocken. Fast zwei Stunden hat uns Anker auf Manöver gedauert: uns kam es nur wie Minuten vor. h3Gemeinsam besprechen wir vier im Salon das bestandene Abenteuer. Was für ein Glück wir hatten: keinerlei Schäden oder Macken am Boot, alle Crew Mitglieder wohlauf – das hätte auch anders ausgehen können. Alkohol gibt es keinen, nicht einmal für den Käpten – wer weiß, was die Nacht noch so bringt. Der UKW Funk bleibt die ganze Nacht an: jetzt wo wir sicher vertäut sind können wir ja anderen helfen. Es bleibt aber ruhig auf Kanal 16, es slippen zwar noch etliche weitere Yachten, diese können sich jedoch selbst helfen bzw. Ihr Anker findet nach kurzer Rutschpartie wieder halt.

DSC06839DSC06843

Nachtrag: Am nächsten Abend können wir uns gebührend bei unseren Helfern bedanken: wir laden „True Blue“ und „Exodus“ zu Snacks und Drinks zu uns ein. Beide Crews kommen von der US-Westküste, aus San Francisco bzw. San Diego. Es wird wieder ein Abend mit vielen spannenden Erzählungen und die ein oder andere Flasche Rotwein leeren wir auch…

Unsere Windanzeige funktioniert wieder: sobald sich der Wind gelegt hatte, bin ich in den Mast. Wir haben einen Reserve Windgeber an Bord. Nachdem ich die Kontakte gereinigt und die Oxidation entfernt hatte habe ich den neuen Windgeber mit einer zusätzlichen Silikon Schicht montiert. Vielleicht hält er ja diesmal länger!?

Die Ankerwinsch funktioniert auch wieder ganz normal und hat keinen Schaden genommen. Die Rauchentwicklung kam von der Rostschutzfarbe mit der der Elektromotor nachlackiert wurde.

5 Antworten auf „02.08.2014 Noch mal Glück gehabt!“

Hi Klaus and family,
Wow, what a night!
Are you still in Pago Pago? We arrived in Savusavu 2 days ago and are wondering if you are on your way or not. Hope all is well on the boat and we are looking forward to catch up with you in Fiji!!!
greetings from the Steens

Hallo ihr Lieben, vielen Dank für den ausführlichen, dramatischen und dennoch humoristischen Beitrag. Sehr gut gefallen hat mir die Idee des Einfügens der Cartoons! Klasse! Ihr seid ein Top Team!! Und genau dieses Team hoffen wir bald auf Fiji wieder zu treffen! Die kleine Weihnachtsrunde ist schon zusammen 🙂 und nur ihr fehlt noch!
Liebe Grüße nach Pago Pago
eure Felices

Hallo Holger,
Erst einmal vielen Dank für Deinen netten Kommentar. Die Wolke ist Bestandteil des Expound Theme, dass wir benutzen. Liebe Grüße aus Pago Pago,Klaus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.