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06.10.2010 Port Jefferson – Segler-in-der-Ankerbucht-Alltag

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Eigentlich sollte es nur ein kurzer Stop in Port Jefferson werden. Geplant war nur eine Nacht, vom 06.10 auf den 07.10, zu ankern und am frühen Morgen mit der Strömung nach New York weiterzumotoren. Leider machte uns der Wettergott wieder einmal einen Strich durch die Rechnung und lies es um 5:30 Uhr morgens, als wir in unsere wärmsten Kleidungsstücke eingepackt auf der Fly der Pacific High zum Hafen hinausmotorten, bereits mit 25kn Wind und 2m Welle aus SW blasen. Trotz günstiger Strömung leifen wir unter beiden Maschinen mit 2/3 Kraft nur knapp 5kn über Grund: dass macht keinen Spaß! Also: Kommando zurück und wieder in den geschützten Hafen hinein! Da auch für den Freitag der südwest Wind anhalten sollte, beschlossen wir noch zwei Tage in Port Jefferson zu bleiben und erst am Samstag unser Glück wieder zu versuchen (es sollte sich als eine gute Entscheidung herausstellen: wir hatten am Samstag perfektes Segelwetter – sh. auch Anita’s Eintrag vom 09.10).

Diese zugegebenermassen unfreiwilligen Tage vor Anker sind aber keine verschenkten Tage. Ganz im Gegenteil: wir freuen uns auf diese “normalen” Segleralltage! Bei schönem Wetter haben wir immer das Gefühl losziehen zu müssen um unsere Umgebung zu erkunden: es gibt so viele schöne kleine Orte zu entdecken, unzählige Galerien, Museen, Parks oder einfach interessante charismatische Menschen kennen zu lernen!

Unser heutiger “normaler Ankertag” begann um 8:00 Uhr morgens mit Schule: Kolja mit Anita und Helena mit mir. Vor kurzem hat Helena’s 8.tes Schuljahr begonnen und sie stürzt sich mit Eifer und Fleiß auf den neuen Unterrichtsstoff. Wir haben keinen starren Stundenplan sondern folgen der Vorgabe an Wochenschulstunden der Fernschule. In Helena’s Fall sind das z. B. 29 Schulstunden (5 Sutnden Mathe, 4 Stunden Deutsch, Französisch u. Englisch, etc.). Das heißt, wir teilen die Stunden nicht fest ein sondern  so wie der Unterricht gerade gut läuft. Sollte z. B. am Montag Morgen Mathe Helena gar nicht liegen, dann wechseln wir zu den Sprachen oder Erdkunde… läuft es dagegen gut ziehen wir auch schon mal drei Stunden Mathe am Stück durch.

Gegen 10:30 Uhr bekamen wir Hunger und fanden es wäre Zeit für die große Pause und Frühstück. Leider mußten wir feststellen, dass unsere letzten Brotreserven aufgebraucht waren. Ich kann zur Zeit kein Brot backen, da unsere frische Hefe aufgebraucht ist und die Trockenhefe bzw. das Backpulver aus Europa nach knapp einem Jahr Lagerung keine Treibkraft mehr hat. Also sind Helena und ich kurzerhand mit dem Beiboot in den Ort dedüst und haben neben einem längeren Spaziergang durch das wirklich schöne Port Jefferson – in einem Tal gelegen, eingebettet in dichtem dunkelgrünen Mischwald – und einem Abstecher in einen gut sortierten und nett eingerichteten Spielwarenladen auch den Weg zum “Local Grocery Stores” = “Örtlicher Tante Emma Laden” und eine Bäckerei gefunden. Dummerweise lag auch ein Mc Donalds auf dem Weg, an dem wir natürlich nicht ungestraft vorbei gehen konnten. Gesättigt und mit vielen Leckereien in den Einkaufstaschen fur uns Helena heimwärts, wo wir schon von Anita und Kolja sehnsüchtug erwartet wurden (die beiden hatten inzwischen auch Hunger bekommen!).

Nachdem wir noch etwas leichtere Schulkost zu uns genommen hatten (Erdkunde und eine Doppelstunde Kunst) wurden die Kinder zum Spielen entlassen während Anita und ich das schöne Wetter nutzten um an der Pacific High zu arbeiten. Ich machte mich über unser Edelstahl her (und davon haben wir nicht zu knapp: Reling, Beschläge, Schäkel, Wanten…) um es vom Rost zu befreien, zu reinigen und mit Edelstahlpolitour einzureiben. Wenn man es alle drei, vier Monate in Angriff nimmt ist die Arbeit bei Sonnenschein und guter Musik eigentlich gar nicht so schlimm. Anschließend habe ich noch die Ölstände an unseren Motoren und Saildrives überprüft und nachgefüllt.

Zwischendurch haben wir die warme Nachmittagssonne genutzt und sind mit dem Dinghy zu einer unserem Ankerplatz gegenüber gelegenen malerischen Bucht gefahren. Die Bucht hatte es uns von Anfang an angetan: sie ist bis auf eine kleine Einfahrt von Sand/Stein Dünen umrundet. Helena und Kolja sind auf den Dünen herumgetollt. Besonders Kolja hat sich todesmutig mit seinem Wakeboard die steilen Abhänge hinuntergestürzt!

Zum Sonnenuntergang haben Anita und ich mit einem kl. Glas Baileys bzw. Vodka auf dem Vorschiff Platz genommen, während die Kinder wild auf dem ganzen Kat herumgesprungen sind und “Agenten” gespielt haben. Kaum war die Sonne untergegangen, wurde es draussen auch frisch und wir haben unser Abendessen (Schweinefilet in einer Butternut Squash (amerik. gelber Kürbis) Sauce mit altem dunklen Rum abgeschmeckt an Wildreis und Brokoligemüse) im warmen Salon (Klimaanlage/Heizung sei Dank) eingenommen. Anschließend haben wir noch ein paar Runden Rummy Cup zusammen gespielt. Gegen 21:30 Uhr wurden die Augen immer kleiner und jeder hat sich in seine Kabine zurückgezogen um noch etwas zu lesen oder Musik zu hören… ein “ganz normaler  Segler-in-der-Ankerbucht-Alltag geht zu Ende.