Jetzt sind wir doch schon eine längere Zeit in den USA, haben etliche Freundschaften hier geschlossen und fühlen uns hier schon ein wenig heimisch. Womit wir immer noch leichte Probleme haben, ist die persönliche Einschätzung und Beschreibung unser amerikanischen Freunde. Alles ist great, awesome, fantastic, beautiful, cute … kurz gesagt: Alles ist groß und fantastisch hier. Aber eben doch nicht immer, oder zumindestens nicht für uns “alte Europäer”. Wir sind daher vorsichtiger geworden Empfehlungen und Einschätzungen ungeprüft zu übernehmen. So hat sich schon einmal die Empfehlung eines guten italienischen Restaurants als einfache Bahnhofshalle mit Plastikstühlen entpuppt, die in Europa bestenfalls eines Pizzalieferservices würdig wäre. Oder die Beschreibung eines Museums: “riesig, fantastisch, Ihr bekommt da eure Kinder nie wieder raus” stellte sich als ein drittklassiges Naturkundemuseum mit Exponaten aus den 70ger Jahren heraus. Moment, dass hier kein falscher Eindruck entsteht: vieles ist hier wirklich grandios nur haben wir immer noch Probleme die Einschätzung und Beschreibung von Amerikanern einzuschätzen! So wie heute: “fahrt doch mal zur Getty Villa, die ist wirklich toll, müsst ihr euch unbedingt anschauen”. Erst auf Anitas Nachfrage (sie liest viel über unsere Reiseziele und kennt sich unheimlich gut aus!) “gibt es da nicht noch das Getty Center, sollten wir uns das nicht auch anschauen?” wurde uns bestätigt, dass der Blick auf LA vom Getty Center wirklich schön sei… Um es kurz zu machen: wir fanden beides wirklich toll und sehenswert, aber wenn wir uns zwischen Villa und Center entscheiden müssten, hätten wir das Center gewählt. Aber vielleicht liegt es ja an uns und unserem persönlichen, verschrobenen europäischen Geschmack!?
Das J. Paul Getty Museum ist ein amerikanisches Kunstmuseum in der Nähe von Malibu / Kalifornien direkt an der Küste des Pazifischen Ozeans gelegen. Das Museum geht auf die Privatsammlung des Ölmagnaten J. Paul Getty zurück, der daraus 1953 in Malibu ein Museum gründete. Seit 1997 ist der größte Teil der Sammlung im Getty Center in Los Angeles untergebracht. Die Antikensammlung befindet sich seit 2006 wieder im renovierten ursprünglichen Gebäude des Getty Museums in Malibu, einem Nachbau der Villa dei Papiri in Herculaneum.
Wie schon Eingangs erwähnt haben wir zuerst die Villa und dann das Center besucht. Die Villa ist ein detailgetreuer Nachbau der Villa dei Papiri in Herculaneum die beim Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. 20m hoch unter vulkanischem Schlamm begraben und erst 1750 von dem Schweizer Archäologen Karl Weber wiederentdeckt wurde. Der Besuch dieser antiken römischen Villa inkl. der hier ausgestellten unzähligen griechischen und rämischen Artefakte war nun nicht gerade das wovon Kinder träumen. Um so mehr möchte ich an dieser Stelle einmal Helena und Kolja loben. Beide haben sich heute von ihrer besten Seite präsentiert: sie haben sich die für sie interessanten Punkte der Führung durch die Villa herausgesucht und interessiert zugehört, wenn es für sie langweilig wurde haben sie sich abseits der Gruppe auf eine Bank gesetzt und sich unterhalten oder auf eigene Faust andere Bereiche der Villa erkundet. Besonders der Pool, die vielen Brunnen und die Ausstellungen über antike Glasartefakte und Goldschmuck haben sie interessiert. Es war für uns alle überraschend welche hochwertige und filigranen Glasvasen und andere Behälter aus Glas bereits mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt hergestellt wurden. Noch mehr überrascht hat uns, daß einige von diesen zerbrechlichen Vasen bis heute unbeschadet überlebt haben. Zur Belohnung haben wir trotz hochsommerlichen Temperaturen weder etwas getrunken noch gegessen, da wir auch noch das Getty Center anschauen wollten: unsere Kinder haben es schon schwer bei solchen Eltern!
Das Getty Center in Brentwood, einem Distrikt im Nordwesten von Los Angeles wurde von dem Architekten Richard Meier bereits Mitte der 1980er-Jahre geplant. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1991 und dauerten bis zum Jahr 1997. Im J. Paul Getty Museum hat der Milliardär Jean Paul Getty etwa 50.000 Kunstwerke zusammengetragen die für uns Besucher kostenlos zugänglich sind, allerdings kostet das Parkhaus jeweils 15$. Die Auswahl konzentriert sich dabei auf klassische Kunstwerke wie Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen, Manuskripte und Fotografien. Wir fanden allerdings die Architektur und die Gestalltung der Landschaft / Gärten rundherum fast beeindruckender als die ausgestellten Kunstwerke. Als Fotograf hat mich die Ausstellung alter Landschaftsfotografien aus Kalifornien interessiert. Unglaublich was für hochwertige Fotografien und welche rafinierten Techniken die Fotografen bereits um 1850 sich ausgedacht hatten um mit ihren beschränkten Mitteln diese hochwertigen Aufnahmen zu erzielen. Immer wieder zog es uns aber hinaus in die Sonne um die Aussicht auf LA, die Architektur und die Gärten zu bewundern. Der Ausblick auf das glitzernde und funkelnde LA im Abendrot und später in dunkler Nacht wird uns für immer in Erinnerung bleiben. Ich habe Helena und Kolja gebeten mich einmal fest zu kneifen um sicher zu sein, dass ich nicht träume…
Weit nach 18:00 Uhr (die Sonne ist schon vor 17:00 Uhr untergegangen) haben wir uns auf den Weg zurück zum Auto und dann nach Montecito gemacht. Auf der Rückfahrt gab es dann auch den von den Kindern lang ersehnten und verdienten Stopp bei McDonalds!